Am Wisent im Rothaargebirge zeigen sich die Grenzen des Artenschutzes in Deutschland
Offensichtlich ist ein Miteinander von Mensch und Wisent, das bis zum frühen Mittelalter durch die Urwälder Westeuropas zog, heute nicht mehr möglich. Klaus Hackländer, Wildtierbiologe und Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung, sieht in der Beendigung des Experiments auch einen moralischen Widerspruch: „Wenn wir es nicht schaffen, in Deutschland einen großen Pflanzenfresser auf einer kleinen Fläche zu tolerieren, wie können wir dann von afrikanischen Ländern fordern, Schäden von Elefanten in der Land- und Forstwirtschaft zu dulden?“ Die Deutsche Wildtier Stiftung hatte gemeinsam mit dem Zoo Köln und dem Trägerverein des Projektes erst im Frühjahr 2022 die Zusammenarbeit in einer Wisent-Allianz vereinbart, um das Projektmanagement zu professionalisieren und insbesondere die Bedeutung des Projektes für den Artenschutz hervorzuheben.
Durch die im Jahr 2013 im Rothaargebirge gestartete Initiative sollte das europäische Bison auf sehr begrenzter Fläche wieder in Deutschland heimisch werden. Dazu wurden insgesamt acht Tiere ausgesetzt, bis heute wuchs die Zahl auf über 20. Der öffentlich-rechtliche Vertrag regelte die Freisetzungsphase und eine Duldungswirkung gegenüber betroffenen Waldbauern. Vor einigen Wochen wurde nun ein Urteil des OLG Hamm rechtskräftig, demzufolge private Waldbesitzer keine Tiere mehr auf ihrem Grund und Boden dulden müssen, und das obwohl die bei ihnen entstehenden Waldschäden durch einen Ausgleichsfonds seit Jahren großzügig ausgeglichen werden. Als Konsequenz des Urteils hätten nun alle Tiere entweder eingefangen oder abgeschossen werden müssen. Ersteres ist bei den mittlerweile nicht mehr an Menschen gewöhnten Tieren sehr schwierig. Durch die Kündigung des öffentlich-rechtlichen Vertrages gibt der Verein nun sein bisheriges Eigentum an den Wisenten auf. Die frei lebenden Tiere unterliegen ab sofort dem Artenschutz – und sind damit streng geschützt.