Wintergäste aus dem hohen Norden
Bericht aus Klepelshagen
Zu diesen sogenannten Invasionsvögeln gehören zum Beispiel der Seidenschwanz und der Birkenzeisig. Hohe Populationsdichten und gleichzeitig auftretender Nahrungsmangel können dazu führen, dass diese Arten aus ihrem permanenten Winterverbreitungsgebiet in andere Regionen ziehen. Solche Invasionsjahre sind relativ selten und deshalb immer ein besonderes Ereignis für Ornithologen und Naturfreunde.
Der Seidenschwanz (Bombycilla garrulus) frisst außerhalb der Brutzeit die Früchten von Eberesche, Schneeball, Mistel und Liguster. Wird diese Nahrung im Verbreitungsgebiet in Nordosteuropa im Winter knapp, können die Vögel mit der auffallenden Kopfhaube in hohen Zahlen bei uns einfallen. Im Mittelalter hielten die Menschen solche Masseneinflüge oft für schlechte Vorzeichen. Wegen dieses Aberglaubens bekamen der Seidenschwanz auch den wenig schmeichelhaften Namen Pestvogel.
Beim kleineren Birkenzeisig (Acanthis flammea) unterscheidet man zwei Unterarten: Während der Alpenbirkenzeisig ganzjährig bei uns anzutreffen ist, vor allem in Süddeutschland, ist der Taigabirkenzeisig ein Wintergast aus Nordeuropa und Russland. Derzeit werden auf der Streuobstwiese in Klepelshagen für ein wissenschaftliches Forschungsprojekt Kleinvögel gefangen, vermessen und beringt. In den letzten Tagen haben wir ungewöhnlich viele Taigabirkenzeisige entdeckt. Ähnliche Fangzahlen hatten wir das letzte Mal im Winter 2017/18 – es war das letzte registrierte Invasionsjahr. Sind die aktuellen Fangzahlen ein Hinweis auf einen bevorstehenden neuen Masseneinflug der kleinen Zeisigart? Wir sind gespannt auf die nächsten Fangtage.
Infobox
Achtung! Die genannten Invasionsvögel sind nicht zu verwechseln mit invasiven Arten. Von einer invasiven oder gebietsfremden Art spricht man, wenn ein Tier dauerhaft in ein Gebiet eingeführte wurde. Invasionsvögel kommen nur zeitweilig vor.