Brandenburg will auf Tier- und Artenschutz bei der Jagd verzichten
Entwurf für ein neues Landesjagdgesetz offenbart wildtierfeindliche Haltung
„Nicht anders ist es zu verstehen, dass sogar der Abschuss von biologisch notwendigen Elterntieren in der Jagdzeit künftig in Brandenburg in manchen Fällen legal sein soll,“ kritisiert Prof. Dr. Klaus Hackländer, Wildbiologe und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Wildtier Stiftung. Denn dass bisher selbst der fahrlässige Abschuss von führungsnotwendigen Elterntieren als Straftat bewertet wurde, ist durch den Tierschutz gut begründet. „Ein verwaistes Rotwildkalb wird sofort aus dem Rudel ausgestoßen – sein Gesundheitszustand verschlechtert sich rapide,“ so Hackländer. Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert daher, die bisherigen Regelungen zum Elterntierschutz in Brandenburg beizubehalten.
Der Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass durch die sogenannte Jagdabgabe in Zukunft vor allem forstliche Inventuren und nicht wie bisher Lebensraum- oder Artenschutzprojekte gefördert werden sollen. „Dieser Vorschlag trifft vor allem jene hart, die einen erfolgreichen Waldumbau nicht nur mit dem Gewehr, sondern auch durch ökologisch wertvolle Habitatelemente wie Waldinnenränder oder Waldwiesen betreiben wollen“, sagt Hackländer. „Es ist nicht zu verstehen, warum dringend notwendige Artenschutzprojekte auch in der Feldflur, zum Beispiel für Rebhuhn und Feldhase, zukünftig in Brandenburg nicht mehr durch die Jagdabgabe gefördert werden sollen.“ Die geplanten Änderungen zur Jagdabgabe entlarven den Entwurf als ein reines Forstgesetz.
Die ideologische Borniertheit des Entwurfs zeigt sich bei den Vorschlägen zur Abschaffung sämtlicher Abschussregelungen für große Wiederkäuer wie Rot- und Damhirsch. Laut Entwurf seien Abschusspläne nur zur Begrenzung von Abschüssen und zur Trophäenzucht geeignet. „Aus wildbiologischer Sicht sind Abschusspläne vor allem für solche Wildarten notwendig, die vergleichsweise langlebig sind und gleichzeitig relativ wenig Nachkommen haben,“ erklärt Hackländer. Denn diese sogenannten K-Strategen benötigen einen ausreichend hohen Anteil erfahrener Individuen in der Population. Wenn zum Beispiel nur junge, unerfahrene Hirsche an der Brunft teilnehmen, werden viele weibliche Tiere in der kurzen Phase ihrer Empfängnisbereitschaft nicht rechtzeitig beschlagen. Wochen später werden sie dann erneut brunftig und ihre Kälber werden nicht wie von der Evolution bevorzugt ins Frühjahr, sondern manchmal erst in den Winter hinein geboren. „Eine Jagd ohne strukturelle Vorgaben führt bald zu einer Devastion der gesamten Population,“ so Hackländer. Der im Gesetzentwurf vorhandene Satz „Das Wild kann sich in Brandenburg nur selbst gefährden“ klingt in diesem Zusammenhang besonders zynisch. Sehr merkwürdig wirkt auch der Vorschlag, dass Schäden verursachendes Federwild besser vergrämt als reduziert werden solle. Warum, so fragt man sich, sollte dies dann nicht auch bei Rehen und Hirschen funktionieren?
Die Deutsche Wildtier Stiftung lehnt vor dem Hintergrund der beabsichtigten Schwächung des Tierschutzes, der einseitigen Ausrichtung auf die Forstwirtschaft sowie vieler wildbiologischer Fehlannahmen den Gesetzentwurf für ein neues Jagdgesetz in Brandenburg ab.