Mehr Ruhe für die Gämse in Bayern?

Bundesverwaltungsgericht urteilt gegen Dauerjagd auf das Symboltier der Alpen

Gämse an einem Steilhang, Wettersteingebirge, Bayern

Seit einem Vierteljahrhundert werden Gämsen in vielen Gebieten der bayerischen Alpen ununterbrochen gejagt. Allein in Oberbayern wurde die gesetzliche Jagdzeit, die eigentlich nur viereinhalb Monate beträgt, auf einer Fläche von mehr als 25.000 Hektar auf das ganze Jahr ausgedehnt, damit der Bergwald besser wachsen kann. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat nun in seinem Urteil vom 7. November 2024 festgestellt, dass die Schonzeitaufhebungs-Verordnung, die letztmalig 2019 verlängert wurde, gegen geltendes Recht verstößt.

Kläger war der Verein Wildes Bayern e. V., dessen Normenkontrollantrag die Deutsche Wildtier Stiftung unterstützt hatte. Der Verein argumentierte, eine naturschutzfachliche Verträglichkeit der Verordnung sei nicht geprüft worden, und die jagdliche Schonzeitaufhebung in den betroffenen Gebieten könne zu einer Verschlechterung der Situation vieler Natura-2000-Gebiete – ein EU-weites Netz von Schutzgebieten – führen. Das Bundesverwaltungsgericht folgte dieser Argumentation und gab dem Verein in letzter Instanz Recht.

Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wird die willkürliche Verfolgung von Gämsen in den Bergwäldern Oberbayerns erstmals offiziell hinterfragt. Die Deutsche Wildtier Stiftung hatte in den vergangenen Jahren immer wieder auf Zielkonflikte im Lebensraum der Gämsen hingewiesen. Wir hatten deutlich gemacht, dass Schonzeitaufhebungsflächen häufig besonders wertvolle Biotope umfassen, die oft viel Licht benötigen und durch den Einfluss von Huftieren wie Gämsen und Rothirschen sogar gefördert werden. Zudem gibt es Flächen, die vor allem im Winter von Skitouristen oder Wanderern aus Rücksichtname auf Birk- und Auerhühner freiwillig ungenutzt bleiben – in denen aber dennoch ganzjährig gejagt werden darf. Das Bundesverwaltungsgericht hat offiziell bestätigt, dass Natur- und Artenschutz bei der Schonzeitaufhebung zum Zweck der Schutzwaldsanierung berücksichtigt werden müssen.

ZIELKONFLIKTE IM LEBENSRAUM DER GÄMSE

2019 haben wir eine Liste mit Beispielen für Zielkonflikte im Lebensraum der Gämse veröffentlicht.

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Wir fordern nun, dass der Freistaat Bayern nach seiner Niederlage vor dem Bundesverwaltungsgericht die Schonzeitaufhebungsflächen endlich in die Geschichtsbücher verbannt. Schließlich sind auch die Erfolge der 25-jährigen Dauerjagd auf Gämsen mehr als zweifelhaft: Seit Beginn der Schutzwaldoffensive in den 1980er-Jahren sind nur sehr wenige Flächen aus der Sanierungsphase entlassen worden – die Wiederbewaldung war trotz immer größerer Investitionen in die Jagd nicht erfolgreich. Stattdessen stehen die Gämsen mittlerweile in der Kategorie „Vorwarnliste“ auf der Roten Liste der Säugetiere Deutschlands. Statt Schonzeitaufhebungsflächen sollte Bayern eher Jagdzeitaufhebungsflächen verordnen, in denen Gämsen gerade jetzt zum anbrechenden Winter die dringend nötige Ruhe zum Überleben finden.

Gämsen auf einer Felskuppe

Gämse – der Konflikt in Bayern

Bei uns in Deutschland finden Gämsen vor allem in Bayern einen geeigneten Lebensraum: felsige Regionen für den Sommer und Wälder für den Winter. Doch sie werden im südlichsten Bundesland gerade in öffentlichen Wäldern sehr intensiv gejagt.

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Gams mit schwarzen Hintergrund

Gämse

Die Gämse (Rupicapra rupicapra) ist etwas größer als ein Reh und lebt bei uns nur in Bayern und Baden-Württemberg. Sie ist an das Leben im Hochgebirge angepasst.

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Gämse

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