DRK-WALDKINDERGARTEN BÜCKEBERG-WICHTEL
Die „Wichtel“ rutschen auf Laub, bauen Häuser aus Lehm und kennen das Ameisen-Kommando
Der DRK-Waldkindergarten Bückeberg-Wichtel ist seit Herbst 2023 unser Patenkindergarten für das Bundesland Niedersachsen. Er liegt in Stadthagen im Landkreis Schaumburg in einem Waldgebiet auf dem Bückeberg. Leiterin Katja Kranz berichtet von einem Wichteltag im Herbst und davon, wie die Kinder bei jeder Wanderung Neues erleben, auch wenn sie den Wald wie ihre Westentasche kennen.
DIE WICHTEL WANDERN WIEDER
Es ist ein bewölkter, aber warmer Mittwochmorgen. Kleine Wichtel – wetterfest angezogen, bepackt mit Brotdose, Trinkflasche und Wechselkleidung – huschen in den Wald. Als der letzte von ihnen angekommen ist, singen wir, beim kurzen Morgenkreis im Stehen, gemeinsam unser Waldlied. Dann rufen wir: „Rucksäcke aufsetzen! Wir wollen los.“ Heute wollen wir, Erzieherin Giuliana Rosenstock und ich, nach längerer Zeit endlich wieder eine Wanderung mit unseren Waldkindern machen. Wir haben mehrere Wochen rund um den Bauwagen verbracht und nur wenige, kürzere Exkursionen unternommen. Damit haben wir den neuen Kindern die Möglichkeit gegeben, in unserem Waldkindergarten anzukommen und ihn kennenzulernen. Mittlerweile fühlen sich die neuen Wichtel aber so heimisch und sicher, dass wir zu einer längeren Tour aufbrechen können.
Steckbrief
Art: Waldkindergarten
Geografische Lage: in der Nähe des Forsthauses Halt auf dem Bückeberg, 31655 Stadthagen, Landkreis Schaumburg
Gründungsjahr: 2006
Träger: DRK-Kinder- und Jugendhilfe in der Region Hannover gGmbH
Anzahl der Kinder: 15
Alter der Kinder: drei bis sechs Jahre
Betreuungsschlüssel: zwei Erzieherinnen, eine pädagogische Fachkraft
IMMER DER GLEICHE WEG, JEDES MAL ANDERS
Die Kinder stellen sich zu zweit an der Waldgrenze auf. Ein großer Wichtel nimmt einen kleinen an die Hand. Unsere Kinder wissen: Die Kleinen stehen auf der rechten Seite, die Großen links – denn die Großen gehen immer an der Wegseite. Wir gehen ein Stück vor. Und noch ein Stück. So weit, dass wir den Waldweg einsehen können. „Wohin gucken wir zuerst?“, fragt Giuliana. Die Großen antworten fröhlich: „Nach links!“ Wir lächeln. „Und dann?“ „Nach rechts!“, folgt im Chor die Antwort. Nach einem weiteren Kontrollblick nach links wird es still, und alle lauschen. „Kein Auto zu hören“, ruft Emilia, und es geht los. Jeder Wichtel hat seinen Rucksack auf dem Rücken und sein Patenkind an der Hand. Wir wollen unsere normale Runde gehen. Zwei Stunden werden wir etwa unterwegs sein, und obwohl wir den Weg schon so oft gegangen sind, werden wir ihn wieder ganz neu entdecken. Denn die Natur verändert sich schnell und zeigt uns ihre Vielfalt immer wieder auf andere Weise. Andere Erlebnisse, andere Beobachtungen – es wird nie langweilig.
Die Kinder staunen, als wir auf unseren kleinen Waldweg einbiegen, auf dem Förster und Forstarbeiter oft mit ihren Autos unterwegs sind: Die Blätter der Bäume haben sich nach einer windigen Nacht wie ein Teppich auf den Pfad gelegt. Die Kinder freuen sich, rennen durch das Laub, werfen Blätter in die Luft und springen bei unserem ersten Halt in den Graben, der über und über mit Laub gefüllt ist. In ihren Regenhosen rutschen sie auf dem Po über Laub und feuchte Erde einen Hügel hinunter. Die kleineren Wichtel schauen zunächst zu, doch schnell trauen auch sie sich – zwar vorsichtig, aber begeistert. Was für ein Spaß!
Die nächste Station ist die große Kastanie. Die Seitentaschen der Rucksäcke sind schnell mit den ersten runden Schätzen gefüllt. „Wie viele hast du?“, hören wir immer wieder. „Schau mal, Katja, eine ganz, ganz kleine Kastanie!“, sagt Luisa und zeigt mir eine Mini-Kastanie, kaum größer als ein Stecknadelkopf. „Oh, da hast du aber besonders gut geguckt“, antworte ich und staune. Luisa freut sich über ihren Fund und zeigt ihn den anderen Kindern.
ALLE HÖREN AUFS AMEISEN-KOMMANDO
Vorbei an meterhoch gestapelten Baumstämmen und an Baumstümpfen, auf denen Tannenzapfen für die Eichhörnchen liegen, geht es weiter zur großen Wildschweinsuhle. Während wir gehen, mischt sich die Gruppe immer wieder neu. Die Kinder unterhalten sich, erzählen von zu Hause oder überlegen, was sie am Bauwagen spielen möchten. Jonas erzählt vom Harvester, der die ganzen Bäume gefällt und aufgestapelt hat, und Marie und Luisa singen unser Waldlied vor sich hin. „Kommando Ameise!“, ruft plötzlich jemand vor mir. Vor und in Kurven müssen die Kinder auf der Kurvenaußenseite wie Ameisen hintereinander laufen. Denn sollte doch einmal der Förster durch den Wald fahren, kann er uns so am schnellsten sehen. Wer das Kommando noch nicht kennt oder gerade ins Gespräch vertieft ist, wird von den anderen Wichteln freundlich auf den Ameisenmarsch hingewiesen. Direkt hinter der Kurve bleibt Sven stehen. „Ein Fliegenpilz!“, ruft er. Auf dem Weg ist uns schon aufgefallen, wie viele Pilze gewachsen sind, besonders an den Baumstümpfen. Die Kinder laufen zu Sven und staunen über zwei wunderschöne, dunkelrote Fliegenpilze. „Wie aus dem Märchenbuch bei mir zu Hause“, sagt Mark. Mia hockt vor den Pilzen und sagt zu Marie: „Vielleicht wohnen hier irgendwo Elfen.“
FRÜHSTÜCK MIT WALDGERÄUSCHEN
Als wir nach einem längeren Stopp im Nadelwäldchen zu unserem Frühstücksplatz aufbrechen, haben wir das Thema der heutigen Wanderung gefunden: Früchte des Waldes. Wir haben viele Pilze gesehen, Kastanien gesammelt, Bucheckern und Eicheln mitgenommen und rote und orangefarbene Vogelbeeren zwischen den Bäumen am Wegesrand entdeckt. An unserem Frühstücksplatz stehen mehrere Bänke abseits des Weges – wir nennen den Platz „Bus“. Als wir dort ankommen, scheint die Herbstsonne durch die Wolken und taucht die Blätter der Buchen, Eichen und Ahorne in ein schönes warmes Licht. Die Kinder waschen ihre Hände mit Wasser und ökologischer Lava-Erde und lassen sich auf ihre Sitzkissen fallen. Die Brotdose auf dem Schoß und die Flasche neben sich, beginnen sie mit viel Appetit ihr Frühstück, und es wird etwas ruhiger. Wir hören den Wind in den Blättern und das Krächzen der Eichelhäher und sehen Vögel zwischen den Ästen der Bäume hin- und herflattern.
KLEINE KUNSTWERKE AUS LEHM
Der erste große Hunger ist gestillt und wir überlegen, wohin wir als nächstes gehen: zum Bach, zur Lehmkuhle oder zurück zum Bauwagen? „Im Bach ist gerade kein Wasser“, erklärt Mark. „Und am Bauwagen waren wir zuletzt immer“, ergänzt Mia. Stimmt! Am Ende ist sich die Gruppe einig: Es geht zur Lehmkuhle. Die Kinder verstauen Brotdosen und Trinkflaschen und setzen die nun viel leichteren Rucksäcke auf. Zweimal „Kommando Ameise“ später sind wir auch schon da. Herrlich frischer und leicht feuchter Lehm – ideal, um Kugeln zu formen – wartet auf 26 Hände. Es werden Brote geknetet und Planeten gerollt, wir sehen Schneemänner und ein Lehmhaus. Giuliana und ich setzen uns zu den Kindern und bewundern ihre Werke. So viel Fantasie steckt darin, so viel Mühe. Wir unterhalten uns über Planeten und Kometen, über Lehmhütten in Afrika und über die Pilze, die wir gesehen haben.
Als wir die Lehmkuhle verlassen, nehmen die Kinder ein paar Kugeln in den Jackentaschen mit oder tragen sie wie zerbrechliches Glas in den Händen. Zurück lassen wir Lehmhäuser und Pilze. „Bis zum nächsten Mal!“, ruft Miriam in Richtung Lehmkuhle, und wir treten den Rückweg an. Aus den ursprünglich geplanten zwei Stunden sind schon drei geworden, denn wir haben oft angehalten und am Wegesrand viele Entdeckungen gemacht. Wir sind froh, dass die Kinder Zeit haben, sich alles anzusehen, ohne Hektik, in ihrem Tempo. Das geht aber nur so entspannt, wenn wir früh genug losgehen und es bei der kleinen Runde belassen. Für die große Runde brauchen wir mit Frühstückspause und ohne viele Stopps vier Stunden.
Der Wald musste von den Kindern wieder eingesogen werden.
Wir bemerken, dass die Kinder müde werden, und wenn man erschöpft ist, können auch Lehmkugeln schwer sein. Außerdem ist unseren Wichteln in der Matschkleidung warm geworden, denn die Herbstsonne hat immer noch Kraft. Wir legen eine kurze Trinkpause ein. Die Kinder ziehen die Jacken aus und hängen sie an die Rucksäcke. Am Ende tragen Giuliana und ich Lehmkugeln, Zapfen und Stöcke zurück zum Bauwagen.
Eine knappe Stunde bleibt uns noch, bevor der Kindergarten für heute vorbei ist. Wir holen die Schubkarren und die Hängematte raus. Die Großen, die immer noch Energie haben, schnappen sich den Fußball und sprinten auf das kleine Fußballfeld hinter dem Bauwagen. Die Kleinen spielen an der Matschküche oder schaukeln in der Hängematte. Um 12.30 Uhr ertönt die Rassel. Im Abschlusskreis sind sich alle einig: Morgen müssen wir wieder wandern gehen. Es gibt doch so viel zu entdecken!
An der Waldgrenze nehmen die Eltern ihre rotwangigen und zufriedenen Kinder in Empfang, und als alle abgeholt sind, blicken wir an uns herunter: Ja, wir waren heute im Laub, auf Baumstämmen und in der Lehmkuhle. Unsere Kleidung erzählt dieselbe Geschichte wie die Matschhosen der Kinder, und auch wir gehen sehr zufrieden nach Hause.
DRK-WALDKINDERGARTEN BÜCKEBERG-WICHTEL
in der Nähe des Forsthauses Halt auf dem Bückeberg
31655 Stadthagen