Nützliche Riesen für die Artenvielfalt

Das 21. Jahrhundert könnte das Zeitalter der Rückkehr der großen Pflanzenfresser sein

Heckrind Heckrinder

Bevor die Menschen sesshaft wurden, war Mitteleuropa von großen Pflanzenfressern wie Auerochsen, Wisenten, Elchen, Rothirschen und Wildpferden flächig besiedelt. Die Wildtiere zogen ohne Begrenzungen durch die Lande und prägten so die Ökosysteme – bis zur Industrialisierung.

Manche der Pflanzenfresser waren einfach nur riesig – Auerochsen beispielsweise mit einem Stockmaß von 1,80 Meter und einem Gewicht von einer Tonne. Für vergleichsweise winzige Schmetterlinge und Wildbienen war diese Rinderart ein echter Gewinn. Denn die Riesen hielten die Vegetation auf den Weideflächen kurz, sodass sich Wildpflanzen an lichten Stellen ausbreiten und die Insekten Nektar und Pollen sammeln konnten. Doch mit Einzug der Industrialisierung starben die wildlebenden Rinderarten aus. Auch Wildpferde gibt es heute kaum noch, Rothirsche und Elche sind durch den Menschen stark eingeschränkt. Im Zuge dessen nahmen auch die positiven Effekte dieser Tiere auf die Artenvielfalt immer weiter ab.

Vorteile und Herausforderungen der Wiederansiedlung

Neue Chance für den Artenschutz?

Aber das 21. Jahrhundert könnte endlich das Zeitalter der Rückkehr der großen Pflanzenfresser sein, oder zumindest deren Nachzüchtungen. Und damit gäbe es auch Hoffnung für eine neue Belebung der Artenvielfalt. Wildtierbiologe Prof. Dr. Klaus Hackländer, Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung, und Forstwissenschaftler Dr. Sebastian Brackhane beleuchten in ihrem von ihnen herausgegebenen neuen Buch „Die Rückkehr der großen Pflanzenfresser. Konfliktfeld oder Chance für den Artenschutz?“ die Vorteile, aber auch die Herausforderungen, die mit der Wiederansiedlung großer Pflanzenfresser verbunden sind. „Wir wollen die großen Pflanzenfresser zurückhaben, aber natürlich können wir sie nicht einfach so in unsere Kulturlandschaft setzen. Ein gutes Management muss immer mitgedacht werden“, sagt Klaus Hackländer. Nur dann können die nützlichen Riesen nachhaltig Ökosysteme bereichern und gleichzeitig neue Perspektiven für den Natur- und Artenschutz schaffen.

Die Deutsche Wildtier Stiftung setzt sich für mehr extensive Weidesysteme und die Wiederansiedlung großer Pflanzenfresser in Deutschland ein. Um die wildtierfreundliche Landnutzung rund um das Stiftungsgut Klepelshagen in Mecklenburg-Vorpommern zu bereichern, beweiden dort bereits Konik-Ponys und ihre Fohlen eine Ganzjahresweide extensiv.

Riesen für die Artenvielfalt

Infos zum Buch

Durch die Erholung von Beständen, natürliche Einwanderung und Wiederansiedlungen in Naturschutzprojekten wächst die Zahl der großen Pflanzenfresserarten in Deutschland. Wie ist die Biologie von Wisent, Elch oder Auerochse? Welche Bedeutung haben sie heute für den Artenschutz? Und wo gibt es überhaupt Platz für sie? Wie stehen Bevölkerung, Land- und Forstbesitzerinnen zu dieser Entwicklung? Und müssen wir die Arten in unserer dicht besiedelten Kulturlandschaft nicht auch managen? 60 Wissenschaftlerinnen und Expert*innen aus verschiedensten Fachgebieten gehen diesen und vielen weiteren Fragen in „Die Rückkehr der großen Pflanzenfresser. Konfliktfeld oder Chance für den Artenschutz?“ (ET 6.2.2025) auf den Grund.

Sebastian Brackhane & Klaus Hackländer (Hrsg.): „Die Rückkehr der großen Pflanzenfresser. Konfliktfeld oder Chance für den Artenschutz?“, gefördert durch die Deutsche Wildtier Stiftung, 480 Seiten, Hardcover, ISBN 978-3-98726-031-5, Print 39 Euro / 40 Euro (AT), ePDF 30,99 Euro / 31,99 Euro (AT)

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Im Wilde Weiden Projekt in Taubergießen leben diese Salers-Rinder.

Wilde Weiden sind ein Erfolgsmodell im Artenschutz

Wilde Weiden sind extensive Ganzjahresweiden, auf denen sich wenige große Pflanzenfresser wie Rinder, Pferde oder Rothirsche ganzjährig bewegen und die besonders artenreiche Lebensräume sind. Durch das Fressen von Gräsern und Gehölzen sowie der Blätter junger Bäume schaffen die robusten Tiere nach und nach wieder lichte Bereiche und offene Bodenstellen in einer ansonsten von Wald dominierten Landschaft.

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Am Wisent im Rothaargebirge zeigen sich die Grenzen des Artenschutzes in Deutschland

Es sollte ein Vorzeigeprojekt im deutschen Artenschutz werden: Die Wiederansiedlung der einst in Deutschland ausgestorbenen Wisente (Bison bonasus) im südwestfälischen Bad Berleburg. Nun hat der Trägerverein das Projekt frühzeitig beendet, indem er einen öffentlich-rechtlichen Vertrag unter anderem mit dem Kreis-Siegen-Wittgenstein und dem Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen gekündigt hat.

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Rothirsch bei Brunftschrei

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