Europäischer Gerichtshof stärkt Feldhamsterschutz
Jetzt kommt es auf die Umsetzung der Schutzmaßnahmen in der Praxis an
Ein Grund für den Rückgang der Feldhamsterbestände ist neben dem Verlust der Vielfalt in der Agrarlandschaft auch die Verknappung von geeigneten Flächen und Fortpflanzungsgebieten für die Hamster. Strittig war bislang, welche Gebiete aus Artenschutzgründen bei einer Bebauung besonders geschützt sind und ob verlassene Baue auch unter die Definition der Fortpflanzungsstätte fallen. In einem aktuellen Urteil hat der Europäische Gerichtshof den Begriff der schützenswerten Fortpflanzungsstätte nun definiert als Baue (bewohnt oder aktuell verlassen) und deren Umgebung, die für die Fortpflanzung notwendig sind (AZ EuGH: C-357/20). Ruhe- und Fortpflanzungsstätten des Feldhamsters dürfen nicht geschädigt oder vernichtet werden, wobei nach § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) für zulässige Eingriffe spezielle Regelungen bestehen.
„Wir begrüßen die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Sie sendet ein gutes Signal für den zukünftigen Feldhamsterschutz in Europa“, sagt Simon Hein, Natur- und Artenschützer der Deutschen Wildtier Stiftung und Leiter des Projektes Feldhamsterland. Zweifel an der Wirksamkeit des Beschlusses hat der Artenschützer der Deutschen Wildtier Stiftung dennoch. Denn: Der verbesserte Schutz der Feldhamsterbaue und Hamster-Fortpflanzungsstätten klingt in der Theorie gut, aber wie sieht es in der Praxis aus?
„Wir sind nicht grundsätzlich gegen jegliches Bauvorhaben“, sagt Simon Hein. „Wichtig ist aber, dass im Fall einer geplanten Bebauung die durch das Bundesnaturschutzgesetz vorgeschriebenen Ausgleichsmaßnahmen für betroffene Feldhamster – etwa die Schaffung von Ersatz- und Ausgleichsflächen – fachlich begleitet und ganzheitlich durchdacht werden.“ Es zählt die Umsetzung der Schutzmaßnahmen in der Praxis. „So ist es nicht sinnvoll, Ausgleichsmaßnahmen außerhalb des Verbreitungsgebietes der Feldhamster anzusetzen, von denen nie ein einziger Feldhamster profitieren würde.“ Zudem muss die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen durch ein professionelles Monitoring überprüft werden. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Ein Beispiel für eine fehlgeleitete Planung ist etwa im niedersächsischen Harsum zu beklagen. Dort wurde ein zugeschütteter Teich auf dem Gelände einer Zuckerfabrik kurzerhand zur Feldhamstermaßnahme deklariert. „Damit kann das Fortbestehen des Hamsters sicher nicht gerettet werden“, so Hein.
„Wir würden uns wünschen, dass die Ausgleichsmaßnahmen von Planungsbüros besser mit Fachleuten abgestimmt werden, damit sie einen tatsächlichen Nutzen für den Feldhamster haben“, erklärt der Experte der Deutschen Wildtier Stiftung. Dafür müssten sich die für die Baumaßnahmen Verantwortlichen im Feldhamsterschutz auskennen oder sich fachliche Unterstützung von außen holen. „Im Projekt Feldhamsterland kartieren wir derzeit Hamsterbaue in den letzten Verbreitungsgebieten und überwachen die Bestände. Sichtungen von Feldhamstern und Bauen können uns zudem online unter www.feldhamster.de/feldhamster-melden mitgeteilt werden“, so Hein. Die Zahlen sollen nach Abschluss des Projektes online in einem bundesweiten sogenannten Feldhamsteratlas zusammengestellt und über die zuständigen Behörden zugänglich gemacht werden. So könnten Ausgleichsmaßnahmen künftig noch genauer geplant und die letzten Feldhamsterpopulationen besser geschützt werden. Der Feldhamster selbst verschläft übrigens die derzeitige Aufregung – er liegt bereits eingerollt im tiefen Winterschlaf in seinem Bau.
Infobox
Mehr zum Feldhamster finden Sie hier:
Projektwebseite Feldhamsterland