Feldhamster: Sachsen-Anhalt erlaubt Gifteinsatz

Damit steht der Feldhamster vor dem unwiderruflichen Aus

Ausgeräumte Landschaften sind der Tod für viele Wildtiere (Foto: DeWiSt).
Viel Arbeit stecken Artenschützer in die Aufgabe, den Feldhamster in Deutschland vor dem Aussterben zu retten. Über Stunden hinweg suchen sie beispielsweise riesige Ackerschläge nach dem Vorkommen der Hamster ab (siehe Foto). Sich zu motivieren fällt angesichts mancher politischer Entscheidungen schwer. Ausgeräumte Agrarlandschaften sind für viele Wildtiere bereits ohnehin ein echtes Überlebenshindernis! In Sachsen-Anhalt droht nun aufgrund des behördlich erlaubten Einsatzes von Gift unwiderruflich das Ende des Hamsters.

In seinen letzten Verbreitungsgebieten ist der Feldhamster dabei, letzte Vorkehrungen für die Winterruhe zu treffen. In dieser Situation erlaubt das Land Sachsen-Anhalt per Ausnahmegenehmigung auch in Regionen mit Feldhamstervorkommen Gift gegen Feldmäuse auszulegen. Versucht der Hamster ein paar Körner zu ergattern, kann das für ihn zum Todesurteil werden. „Sachsen-Anhalt durchkreuzt damit alle Bemühungen, den Feldhamster vor dem Aussterben zu bewahren“, sagt Moritz Franz-Gerstein, Tierarzt und Leiter des bundesweiten Projekts Feldhamsterland bei der Deutschen Wildtier Stiftung.

Das verwendete Gift tötet neben Feldmäusen auch andere Arten

2020 ist ein Mäusejahr. Landwirtschaftliche Betriebe gehen vielerorts gegen die sich stark vermehrenden Mäuse vor, um die junge Saat zu schützen. Klassische Methoden sind das Pflügen oder das Aufstellen von Warten für Greifvögel, um es ihnen zu erleichtern, Mäuse zu erbeuten. Aber es kommt auch Gift zum Einsatz. Die verwendeten Nagergifte, die „Rodentizide“, töten Mäuse mit einem starken Nervengift. Die Köder sind auch für Feldhamster, Haselmäuse und andere Tierarten tödlich. Deshalb ist der Einsatz in Gebieten mit Feldhamstervorkommen eigentlich verboten. Ausgerechnet beim Feldhamster, der weltweit vom Aussterben bedroht und nach EU-Recht streng geschützt ist, nimmt es das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie Sachsen-Anhalt mit dem Schutz aber nun nicht so genau und erteilt eine Ausnahmegenehmigung. Zwar gibt es Auflagen: Landwirte dürfen im potenziellen Verbreitungsgebiet des Feldhamsters die Nagergifte nur dann ausbringen, wenn sie vorher kontrolliert haben, ob auf den Flächen Hamster vorkommen. Aber was auf dem Papier vernünftig klingt, ist in der Praxis nicht möglich. „Um diese Jahreszeit lassen sich Hamsterbaue in den meisten Gegenden gar nicht mehr feststellen. Wurde nach der Ernte gepflügt oder gegrubbert, ist ein Hamsternachweis nicht mehr möglich“, sagt Franz-Gerstein. Um sicherzustellen, dass auf Flächen mit bekannten Feldhamstervorkommen kein Gift eingesetzt wird, sollen zudem in Sachsen-Anhalt die Daten der Naturschutzbehörden zu Feldhamstervorkommen abgefragt werden. Doch auch das kann nicht funktionieren. Franz-Gerstein: „In den letzten Jahren wurden in Sachsen-Anhalt keine ausreichenden Bemühungen unternommen, Feldhamsterbestände umfassend zu kartieren. Das heißt, es gibt keine hinreichend aktuellen Daten bei den Naturschutzbehörden.“

Der Feldhamster ist nach EU-Recht geschützt

Mit einem Brief hat die Deutsche Wildtier Stiftung die zuständige Ministerin Prof. Claudia Dalbert auf die Brisanz der Situation aufmerksam gemacht. „Gemeinsam mit weiteren Naturschutzorganisationen erwägen wir eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission einzureichen“, so Moritz Franz-Gerstein. Vor dem Hintergrund des aktuell dramatischen Artensterbens in der Agrarlandschaft ist es nicht nachvollziehbar, dass der bedrohte Feldhamster einem solchen Risiko ausgesetzt wird. Es fehlt offenbar der politische Wille in Sachsen-Anhalt, den gesetzlich geschützten Feldhamster zu erhalten.

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Fotoquelle: ArcoImages / imageBROKER

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