Wie geht's dem Glückskäfer?
Ein Marienkäfer-Interview mit Käferforscherin Dr. Dagmara Żyła
Etwa 80 verschiedene Marienkäferarten gibt es in Deutschland – die bekanntesten sind wohl diese drei: der Zweipunkt-Marienkäfer (Adalia bipunctata), der Siebenpunkt-Marienkäfer (Coccinella septempunctata) und der Asiatische Marienkäfer der Gattung Harmonia. Die meist hellroten bis gelblichen asiatischen Käfer mit vielen Punkten und dem M auf dem Halsschild breiten sich seit 2002 rasant in Deutschland aus. Sie stammen ursprünglich aus Asien und sollten hier zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden. Welchen Einfluss sie auf die anderen Arten haben, erzählt Dr. Dagmara Żyła vom Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels am Standort Hamburg im Interview.
Frau Dr. Żyła, haben wir weniger Marienkäfer in den Gärten als früher?
„Vermutlich ja. Allgemein haben wir ja mit einem riesigen Insektenschwund zu tun, das betrifft auch den Marienkäfer. Aber es ist auch so, dass sich die Anzahl der Käfer in einem Garten von Jahr zu Jahr ändert und ihr Vorkommen immer auch von der jeweiligen Jahreszeit abhängt.“
Wenn wir Marienkäfer im Garten sehen, sind es meist die asiatischen Käfer – oder täuscht das?
„Nein, das ist gut möglich. Der Asiatische Marienkäfer der Gattung Harmonia breitet sich stark in Deutschland aus. Er stammt ursprünglich aus Asien und sollte bei uns zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden. Mittlerweile verdrängt er andere, heimische Marienkäferarten.“
Welche einheimischen Arten sind durch den asiatischen Käfer besonders bedroht?
„Wir stellen eine Verdrängung vor allem beim einheimischen Zweipunkt-Marienkäfer fest. Der asiatische Harmonia-Marienkäfer frisst die Eier und Larven dieser Art und hat dabei einen großen Appetit. Er vermehrt sich auch häufiger als der Zweipunkt-Käfer. Somit dezimiert er die Population des Zweipunkt-Käfers. Das ist beim Siebenpunkt-Marienkäfer nicht der Fall. Es gibt allerdings auch bestimmte Pilze und Parasiten, die die asiatischen Käfer befallen und dadurch einen sehr hohen Bestand auch wieder regulieren.“
Welche Feinde haben alle Marienkäferarten noch?
„Für Vögel, Frösche, Wespen, Laufkäfer, Libellen, Eidechsen oder Spinnen sind sie ein willkommener Happen.“
Was kann ich tun, wenn ich Marienkäfer in meinem Garten haben möchte?
„Lassen Sie jede Art von Giften, wie etwa chemische Blattlaussprays, im Garten weg und geraten Sie auch nicht beim Anblick der ersten Blattläuse im Frühjahr gleich in Panik. Die Marienkäfer stellen sich schon rechtzeitig ein, wenn sie ausreichend Nahrung vorfinden. Auch wichtig: Entfernen Sie nicht alle abgestorbenen Blätter aus Ihrem Garten. Denn die Pilze, die darauf wachsen, sind eine wichtige Nahrungsquelle für einige Marienkäferarten.“
Man kann Marienkäferlarven ja auch ganz praktisch im Internet bestellen. Was halten Sie davon?
„Für einen kleinen Garten gibt es keinen Grund für eine solche Bestellung. Marienkäferlarven aus dem Internet werden nur für große Pflanzenplantagen und Gewächshäuser verwendet. Wenn Sie ausreichend Nahrungsquellen in Ihrem Garten haben, also viele Blatt- und Schildläuse, dann kommen die Nützlinge von ganz allein.“
Drei bekannte Marienkäfer-Arten im Kurzporträt
Zweipunkt-Marienkäfer (Adalia bipunctata)
Noch in den 1970er-Jahren war er eine der häufigsten Arten in Deutschland, aber heute wird der Käfer mit den zwei Punkten immer seltener. Er wird vom Asiatischen Marienkäfer verdrängt. Dagegen lässt sich kaum etwas tun. „Für die Artenvielfalt ist das ein großes Ärgernis“, sagt Manuel Hensen, Insektenexperte bei der Deutschen Wildtier Stiftung.
Siebenpunkt-Marienkäfer (Coccinella septempunctata)
Die Zahl sieben gilt seit jeher als Glückszahl. Der Siebenpunktkäfer ist damit ein beliebtes Glückssymbol auf Glückwunschkarten. Wer in seinem Garten keinen Siebenpunktkäfer mehr findet, kann in Wäldern nach ihm Ausschau halten. Dort hält er sich gern an Pflanzen mit Schildlausbefall auf.
Asiatischer Marienkäfer (Harmonia axyridis)
Der Asiatische Marienkäfer ist häufig orangegelblich gefärbt mit vielen schwarzen Punkten. Es gibt aber auch schwarze Exemplare mit roten Punkten. Ein Erkennungsmerkmal des Käfers ist auch das M auf seinem Halsschild.
Infokasten
Innerer Frostschutz für Marienkäfer im Winter
Marienkäfer finden sich zum Überwintern in großen Gruppen zusammen und suchen sich wind- und frostgeschützte Nischen unter Baumrinden, in Schuppenecken, an Fensterrahmen, unter Steinen oder unter dichtem Moos. Sobald die Temperaturen unter 12 Grad fallen, fahren sie ihren Stoffwechsel drastisch herunter und fallen in eine Winterstarre. Die dann einsetzende Bildung des biologischen Frostschutzmittels Glyzerin verhindert, dass die Körperflüssigkeiten der Käfer einfrieren – das Glyzerin schützt vor dem Kältetod.