Aktiv gegen Artenschwund
Lebensraum-Optimierung ist eine Starthilfe für Sumpfschildkröten
„Das Artensterben ist hochdramatisch, die Auswirkungen auf Wildtiere tiefgreifend und existenzbedrohend“, sagt Professor Dr. Klaus Hackländer, Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung und Mitglied der „Species Survival Commission“ innerhalb der Weltnaturschutzunion IUCN (International Union for Conservation of Nature), die ihren diesjährigen Kongress bis zum 11. September in Marseille abhielt. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Von den 138.374 untersuchten Arten seien 38.543 „bedroht“; das sind so viele wie noch nie zuvor.
„Das Anthropozän – das aktuelle, vom Menschen überprägte Erdzeitalter – zeigt Auswirkungen auf unsere Wildtiere wie einst der Asteroideneinschlag auf die Dinosaurier“, sagt Hackländer. „Wir müssen die Spirale des Aussterbens stoppen, bevor es für viele Wildtierarten endgültig zu spät ist.“ Die Veränderung des Klimas ist ein viel diskutierter Aspekt, doch auch die Biodiversitätskrise muss im Fokus stehen. „Es geht um die Übernutzung unserer Ressourcen, die zunehmende Versiegelung von Flächen sowie die Trockenlegung von Feuchtgebieten“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Wildtier Stiftung und fordert: „Wir müssen schnell und konsequent gegensteuern.“
„Aktivität kann dem Artenschwund auf mehreren Ebenen entgegenwirken“, erklärt Hackländer. „Zum Beispiel durch die Optimierung des Lebensraums für eine Art“. So gestaltet die Deutsche Wildtier Stiftung auf ihrem stiftungseigenen Gutsgelände in Mecklenburg-Vorpommern derzeit eine Fläche zu einer Wohlfühl-Oase für die bedrohte Sumpfschildkröten um. Denn weltweit werden in diesem Jahr neben Echsen und Geckos vor allem Schildkrötenarten von der IUCN in höhere Bedrohungskategorien eingestuft. Jede zweite Schildkrötenart, die im Süßwasser lebt, ist gefährdet, und auch die Sumpfschildkröte ist betroffen. In der Roten Liste Deutschlands findet man dieses Reptil in der Kategorie „vom Aussterben bedroht“. Das liegt am Verlust von Lebensraum und an invasiven Arten wie beispielsweise dem Waschbären. „Man darf sich durch den Fünf-vor-zwölf-Gedanken nicht lähmen lassen“, sagt Hackländer. „Es gilt, den Negativtrend zu stoppen. Dabei kann jeder einen Beitrag leisten.“
Naturschutz Konkret: Rote Listen
Die Rote Liste der Weltnaturschutzunion beschreibt seit 1964 weltweit bedrohte Wildtier- und Pflanzenarten und teilt sie in neun Kategorien ein. Insgesamt umfasst die Liste rund 140.000 Arten – davon sind laut IUCN akut etwa 40.000 vom Aussterben bedroht.
Zum Videointerview "Rote Listen" mit Prof. Dr. Klaus Hackländer aus unserer Reihe "Naturschutz Konkret"Foto: Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) / imageBROKER.com A. Trunk