Passen Biogas und Biodiversität zusammen?
Bunte Pflanzenvielfalt statt Mais
Biogas und Artenvielfalt – passt das zusammen?
Diese Frage würden viele Menschen spontan wahrscheinlich mit einem klaren „Nein“ beantworten. Denn in den meisten Köpfen hängt die Biogasproduktion untrennbar mit dem Anbau ökologisch wenig wertiger Monokulturen zusammen, man denke nur an den omnipräsenten Begriff der „Vermaisung“ der Landschaft. Wenn man in Betracht zieht, dass auf rund einer Million Hektar in Deutschland Mais für die Biomasseproduktion angebaut wird, scheint diese Annahme durchaus gerechtfertigt.
Doch die Bereitstellung von erneuerbarer Energie durch Biogasanlagen muss nicht zwangsläufig durch intensive Monokulturen erfolgen. Es gibt inzwischen zahlreiche Alternativen. Die ökologisch wertvollste Art der Biomasseproduktion eröffnet dabei die Nutzung mehrjähriger heimischer Wild- und Kulturpflanzenmischungen. Diese Mischungen liefern nicht nur einen ordentlichen Biomasseertrag, sondern sie haben gegenüber herkömmlichen Kulturen auch unzählige ökologische Vorteile. Sie bieten Insekten Nahrung und einen Lebensraum und auch Vögel und Säugetiere profitieren von den mehrjährigen Wildpflanzenflächen, denn Sie finden hier nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter Deckung und Nahrung. Gleichzeitig stärkt die mehrjährige Bodenruhe, die Wildpflanzenmischungen können nach der einmaligen Ansaat bis zu fünf Jahre beerntet werden, die Bodenfauna. Darüber hinaus sorgt der weitgehende Verzicht auf Pflanzenschutzmittel für eine reiche Artenvielfalt auf den Flächen.
Dass die Produktion von Biogas mit den Zielen des Arten- und Naturschutzes durchaus vereinbar ist, soll auch durch das deutschlandweit größte Projekt zur Etablierung mehrjähriger Wildpflanzenmischungen gezeigt werden. Das Gemeinschaftsvorhaben Bunte Biomasse der Veolia Stiftung, des Deutschen Jagdverbands e. V. und der Deutschen Wildtier Stiftung soll die Wildpflanzen deutschlandweit auf den Acker bringen. Die teilnehmenden Landwirte werden dabei kostenfrei von erfahrenen Experten beraten und erhalten unbürokratisch eine Ausgleichszahlung, denn die Wildpflanzen kommen nur auf rund 65 % der Methanausbeute der über Jahrzehnte optimierten Maiskulturen. Das Projekt findet deutschlandweit großen Anklang in der Landwirtschaft, im Naturschutz und der Jägerschaft.
Das Netzwerk Lebensraum Feldflur fordert, dass die politischen Entscheider für den Anbau der mehrjährigen Wildpflanzen zur Biogasproduktion Anreize schaffen, sodass sich dieses innovative und ökologisch wertvolle Anbausystem auf größerer Fläche etablieren kann. Denkbar wäre hier etwa eine Förderung im Rahmen des Greenings (wie bereits geschehen für die Durchwachsene Silphie), eine Aufnahme in die ländlichen Förderprogramme der Länder oder eine Förderung durch die EEG-Umlage. So könnten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Eine erneuerbare, nicht fossile Energiegewinnung und der Schutz der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft.
Aktionswoche Artenvielfalt
Um darauf aufmerksam zu machen, dass die Produktion von Biomasse zur Biogasproduktion auch Hand in Hand mit dem Erhalt der Artenvielfalt gehen kann, hat der Fachverband Biogas vom 29. Juni bis zum 03. Juli 2020 die Aktionswoche Artenvielfalt ausgerufen. Über eigene Veranstaltungen und die sozialen Medien können sich Menschen deutschlandweit einbringen (#blühendesleben und #Biogas2030): Gefragt sind hier persönliche Erfahrungen und Aktionen zu alternativen Biogaskulturen sowie die Äußerung von Wünschen und Forderungen an die Politik.