Rücksicht nehmen beim Waldspaziergang
Michael Tetzlaffs Tagebuch
Die Covid-Pandemie und der behördlich angeordnete Lockdown haben für einige städtische Tiere positive Effekte. Mancherorts ist das zivile Leben nahezu lahm gelegt und Fuchs, Wildschwein & Co. können ungestört durch die Straßen ziehen. Was für Stadttiere ein Segen ist, ist für viele Tiere auf dem Land ein Fluch. Denn die Menschen zieht es in dieser Zeit vermehrt in die Natur. Die Flucht vor größeren Menschenansammlungen führt die Bevölkerung mit Kind und Hund nun in Wälder und an Gewässer. Dies bemerken wir verstärkt auch in Klepelshagen und Umgebung. So schön es ist, dass die Menschen in dieser schweren Zeit die Natur wiederentdecken, so stellt dies doch in der kalten Jahreszeit für einige Wildtiere eine Gefahr dar.
Viele Tiere wie zum Beispiel der Rothirsch haben im Winter ihren Energiehaushalt auf ein Minimum zurückgefahren. Jede unnötige Flucht vor freilaufenden Hunden ist eine Flucht zu viel. Die Folge ist ein erhöhter Energiebedarf, was wiederum dazu führt, dass die Großsäuger verstärkt im Wald Bäume schälen oder auf dem Acker Schaden anrichten. Das wiederum verschärft den Konflikt zwischen Menschen und Wildtieren.
Jede unnötige Flucht, erhöht den Energiebedarf des Wildes. - Foto: Michael Tetzlaff
Auch im nahegelegenen Naturschutzgebiet Galenbecker See suchen die Menschen derzeit verstärkt in der Natur nach Ablenkung. Freilaufende Hunde sind ein großer Störfaktor und lassen die Vögel immer wieder auffliegen. Doch gerade jetzt brauchen sie die Deckung ausgewiesener Schutzgebiete. Regungslos verharren zum Beispiel die Höckerschwäne den Tag auf dem Eis. Schellente, Gänsesäger und anderen Wasservögeln bleiben als letzte Rückzugsmöglichkeiten die eisfreien Restlöcher, um hier Nahrung zu suchen und den Tag zu verbringen. Auch hier wirken sich Störungen erheblich auf die Überlebenschancen der Vögel aus. Schwache, kranke oder junge Tiere haben bei schlechter Witterung dann geringere Überlebensraten.
Auch Vögel brauchen in der kalten Jahreszeit Rückzugsgebiete. - Foto: Michael Tetzlaff
Daher sollten die erholungssuchenden Menschen Rücksicht auf Wildtiere nehmen und einige wenige Verhaltensregeln beachten, wie sie der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Wildtier Stiftung, Prof. Dr. Klaus Hackländer, beschrieben hat:
- Meiden Sie vor allem die Dämmerung; das ist die Zeit, in der viele Wildtiere die Ruhe im Wald nutzen, um nach Nahrung zu suchen
- Bleiben Sie auf den Wegen
- Halten Sie Hunde kurz angeleint
- Verfolgen Sie keine fliehenden Wildtiere für ein Handyfoto
- Erklären Sie Kindern, dass die Beobachtung von Wildtieren auch ohne Lärm spannend sein kann
Die Ausflugsziele und Wanderrouten sollten wohl überlegt gewählt werden. Der Verzicht auf den Ausflug in ein Vogelschutzgebiet kann in dieser kargen Zeit für unsere Tierwelt nur von Vorteil sein. Parks, Friedhöfe und stadtnahe Grünlandflächen eigenen sich meistens auch für einen Familienausflug, bieten ebenfalls Ruhe und Erholung, und auch dort kann lassen sich zahlreiche Tiere beobachten.
Sehen Sie zu diesem Thema auch den Mittschnitt der Podiumsdiskussion „Der Wald. Ein Freizeitpark?“ mit dem Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung, Prof. Dr. Klaus Hackländer, der österreichischen Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, Elisabeth Köstinger, und anderen, die am Dienstag, den 26. Januar 2021 im Grünen Salon der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) stattfand.
Foto oben (Teaser): © imageBROKER.com / Christian Schneider