Waldkindergarten Kleine Waldfürsten
Wir haben drei tolle Bauwagen und ein großes Außengelände – doch im Wald ist es noch viel schöner
Willkommen bei den „Kleinen Waldfürsten“
Es ist wieder Herbst geworden. Die „Kleinen Waldfürsten“ können ihren ersten Geburtstag feiern. Seit einem Jahr (2014) ist der Waldkindergarten im brandenburgischen Fürstenwalde/Spree nun geöffnet. Die Sonne scheint über das Kindergartengelände auf dem bereits kräftig gewerkelt wird. „Jedes Elternteil hat mal Dienst bei uns und hilft mit bei der Gestaltung und Instandhaltung“, erklärt Johannes Schnee, Leiter der „Waldfürsten“. Und so sieht man einen der Väter den großen Hof harken. Dabei wird er natürlich tatkräftig unterstützt von den Kindern, die sich um die verfügbaren Laubharken drängeln. Bald zieht sich ein Muster aus Quer– und Längsstrichen über das Gelände. Und das hat so einiges zu bieten. Gleich drei Bauwagen wurden für die „Waldfürsten“ aufgebaut, restauriert und miteinander verbunden. Es ist Platz für einen Aufenthalts-, einen Schlaf– und einen Werkstattwagen, die jederzeit für die Kinder offen stehen. Im Aufenthaltswagen hat jedes Kind sein eigenes Fach, im Schlafwagen liegen Matratzen bereit. Johannes erklärt: „In unserem Schlafwagen haben wir neben unseren Schlafmöglichkeiten auch einen Wassertank und eine Toilette – eine Forderung des städtisch-regionalen Gesundheitsamtes.“ Dafür darf es im Werkstattwagen schon mal etwas unordentlicher sein, denn „hier ist der Expressionismus zu Hause“, lacht Johannes. Hier entstehen so einige Kunstwerke, auch wenn diese als solche nicht immer sofort erkennbar sind …
Im Fürstenwalder Waldkindergarten ist eine sozial durchmischte Kindergruppe zu Hause, und genau das macht es aus.
Steckbrief
Art: Waldkindergarten
Geografische Lage: Fürstenwalde/Spree
Gründungsjahr: 2012 (Eröffnung 2014)
Träger: Waldfürsten e. V. (Träger) in Kooperation mit dem Verein Waldkinder Fürstenwalde e. V.
Anzahl der Kinder 25
Alter der Kinder: 2 - 6 Jahre
Betreuungsschlüssel: 4 Erzieher/innen, 1x FÖJ
Ein Tag im Wald
Neben Bauwagen Nr. 1 liegt die Terrasse des Waldkindergartens. Mit etwas Phantasie erkennt man die Umrisse eines Piratenschiffes mit seinem großen Segel und dem spitzen Bug. Bevor es in den Wald geht, bekommen die Kinder hier noch eine kleine Stärkung – frisches Obst vom Bio-Bauernhof und Tee. Jeder bringt sich seinen Becher mit und darf sich an der großen Pump-Teekanne bedienen. Auch in den Wald begleitet die Teekanne die Kleinen Waldfürsten und stillt über den Tag den Durst der Kinder.
Endlich geht es los. Alle Kinder haben ihren Rucksack geschultert und warten am Gartentor. Johannes erklärt den Kindern: „Heute machen wir einen langen Waldtag und essen sogar Mittag im Wald. Was haltet ihr davon?“ Die Kinder stimmen aufgeregt zu und laufen los in Richtung der Sammelstelle für den gemeinsamen Morgenkreis. Ein Waldtag im Waldkindergarten? „Wir sind gerade dabei die Aufenthaltsdauer im Wald weiter auszubauen und nicht extra für das Mittagessen zurückzugehen. So bleibt einfach mehr Zeit, wenn wir an Ort und Stelle sind. Im Moment ist das für die Kinder noch ganz schön aufregend. Zwar sind wir am Gelände auch so gut wie immer draußen, im Wald ist es aber eben doch schöner“, beschreibt Johannes die Situation.
Was lange währt …
Es war die Idee und Initiative von fünf Fürstenwaldern – von Elternteilen, vom Studenten über den Ergotherapeuten bis hin zum pensioniertem Waldorflehrer, die das Projekt Waldkindergarten vor drei Jahren gründeten. „Es gab einfach keinen Kindergarten, in den ich meine Kinder gerne geschickt hätte. Es gab einen Naturkindergarten im Nachbarort, aber dort haben wir keinen Platz bekommen. Da haben wir uns zusammengeschlossen und unsere Idee gemeinsam umgesetzt“, erzählt Ines Walden, Mutter zweier Waldfürsten und Gründungsmitglied des Waldkindergartens. Sie beschreibt die Höhen und Tiefen der Konzeption, Planung und Eröffnung eines Waldkindergartens und erzählt auch von der anfänglichen Skepsis der Stadt Fürstenwalde gegenüber ihrer Idee. Dafür wurden sie von Anfang an sehr gut vom zuständigen Jugendamt unterstützt, was manche Dinge sehr erleichtert hat. Wenn Ines die Kinder im Wald heute sieht, merkt man ihr die Freude an: „Jetzt, drei Jahre nach dem Beginn des Projektes, ist es schön, die Früchte zu sehen. Mittlerweile kommt selbst die Stadt und lobt uns für unsere Arbeit! Dafür hat es sich gelohnt.“ Im Fürstenwalder Waldkindergarten ist eine sozial durchmischte Kindergruppe zu Hause, und genau das macht es aus, sagt Ines. Im Februar 2016 sind dann alle Plätze vergeben, sodass sich der Waldkindergarten mittlerweile schon neuen Herausforderungen stellen kann. Kürzlich haben sie ein Flüchtlingskind aufgenommen und versuchen mit allen Kräften, dem kleinen Calvin eine schöne Kindergartenzeit zu ermöglichen.
Von gemeinsamer Stärke und neuem Leben
Bis zum Mittag bleibt noch etwas Zeit und die Kinder toben durch den Wald, laufen den kleinen Hang hoch oder balancieren auf den Holzstämmen. Pablo und Finn kämpfen sich gemeinsam durchs Unterholz – sie sind Piraten und geben sich gegenseitig Kommandos für den Transport ihrer schweren Beute. Ines lacht: „Das macht es aus hier im Waldkindergarten. Hier gibt es viele Äste, Steine, Wurzeln – Dinge, die man einfach nicht alleine schafft zu tragen. Da muss man dann schon mal zu zweit ran. Und sich vor allem auch darüber austauschen, was man denn jetzt eigentlich genau machen will und wie man es umsetzt.“ Gemeinsam schaffen es die beiden Jungen schließlich, den schweren Ast in ihre Schatzkammer zu befördern. Neben Ines sitzt ihre Tochter Richardis. Gemeinsam legen sie aus Eicheln, Stöcken und Moos ein kreisförmiges Muster. Leevi kommt dazu und nimmt eine Eichel in die Hand. Fragend schaut er Ines an. „Was ist das?“, wundert er sich und streckt Ines die Eichel entgegen. „Das ist eine Eichel, die Frucht von einem Baum. Weißt du von welchem Baum sie kommt?“ fragt Ines zurück. In Leevis Gesicht erscheint ein Lächeln. „Von der Eiche“, sagt er und zeigt dabei auf einen kleinen Eichenbaum in seiner Nähe. Vorsichtig nimmt er seine Eichel und vergräbt sie neben dem Bäumchen. „Jetzt kommt bald noch ein neuer Baum, oder?“, freut er sich und läuft davon.
Mittagessen am selbstgeschnitzten Tisch
Nun endlich gibt es Mittagessen. Während Erzieherin Antje das Essen mit dem Fahrrad aus dem Ort abholt, bereiten die Kinder schon einmal ihren Essensplatz vor. Die Picknick-Decke wird ausgebreitet. Gemeinsam mit Johannes haben einige Kinder sogar eigene kleine Holztische aus alten Baumstämmen gebaut. Eine ganze Stunde hat Finn konzentriert an seinem Tisch gesägt, den er nun mit seinem Becher und seiner Dose deckt. Auch Vincent ist stolz, einen Platz am geschnitzten Tisch ergattert zu haben und gibt diesen nicht mehr her. Endlich ist Antje wieder da und bringt das Mittagessen. Johannes läutet die Mittagsglocke und alle Kinder kommen angelaufen. Heute gibt es Weizen-Gemüse-Pfanne mit Tomatensoße. Jedes Kind bekommt eine große Kelle in seine Schüssel und das Essen kann beginnen. Nach dem Mittag wird geruht oder leise gespielt. Die ganz kleinen Waldfürsten klettern mit Antje in das mitgebrachte Schlafzelt und kuscheln sich in die Schlafsäcke. Die Größeren dürfen selbst entscheiden, ob sie in der Hängematte ausruhen möchten oder leise in einiger Entfernung weiterspielen möchten.
Neues lernen durch Vertrauen und Neugierde
Johannes nutzt die Gelegenheit, seine neu erlernten Kenntnisse aus der Wildnispädagogik-Weiterbildung am Wochenende mit den größeren Kindern auszuprobieren. Gemeinsam wollen sie Naturfasern aus Brennnesseln gewinnen. Er zeigt Johanna, Pablo, Marlene und Finn, wie sie die Pflanze anfassen müssen, ohne sich zu verbrennen und wie man die Blätter abstreift. Johannes erklärt ihnen, warum Brennnesseln eigentlich brennen und wie sich das anfühlt. Dann kommt die große Frage: „Wer will es einmal versuchen?“ Anfangs noch sehr zögerlich gibt Johanna zu: „Ich hab Angst, ich fasse die lieber nicht an.“ Nachdem sie aber bei den beiden mutigeren Pablo und Finn sieht, dass es funktioniert, will sie es schließlich doch selbst versuchen. Sie pflückt sich eine Brennnessel – ganz unten am Stil fasst sie an – und mit einem Papiertaschentuch zieht sie die Blätter vom Stengel. Geschafft!
Jeden Tag etwas Neues.
Am Ende übertönen sich die Kinder mit ihren Rufen. Pablo ruft: „Ist ja pipi-einfach“, während Johanna feststellt: „Das tut ja gar nicht weh!“ Jetzt trauen sie sich sogar, die Blätter der Brennnessel ohne Papiertaschentuch zu berühren und sind stolz auf ihren Mut und ihre neue Entdeckung. „Jeden Tag etwas Neues“, schmunzelt Johannes und freut sich über das Vertrauen und die Neugier der „Kleinen Waldfürsten“.
Kontakt
Waldfürsten e. V.
Amselweg 22a (Büroadresse)
15501 Fürstenwalde/Spree
E-Mail: post@waldfuersten.de
www.kleine-waldfuersten.de