Baden-Württembergs Wappentier steht am Beginn eines Aussterbeprozesses
Wir fordern: Die Landespolitik muss endlich handeln
Am 6. Juni 2023 präsentierte das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Karlsruhe die Ergebnisse des Projekts „Rotwild in Baden-Württemberg“. Dabei wurde deutlich, dass die Isolation der Tierart bereits starke negative Auswirkungen auf ihre genetische Vielfalt hat: Innerhalb der wenigen Populationen gehen durch Inzucht immer mehr genetische Anlagen verloren und zwischen den Populationen gibt es nur sehr wenig Austausch. Die Lage ist so dramatisch, dass Populationsgenetiker vom Beginn eines Aussterbeprozesses sprechen. Umso mehr verwundern die ersten Reaktionen des zuständigen Ministers für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Peter Hauk auf die eindeutigen Ergebnisse seiner hauseigenen Forschungsanstalt: In einer Pressemeldung schlug er als einzige konkrete Maßnahme vor, Rotwild zwischen den Gebieten umzusiedeln.
„Die Reaktion des Ministers ist erschreckend. Sie zeigt, wie wenig Sachkenntnis bei denen vorhanden ist, in deren Händen die Zukunft des Rotwilds in Baden-Württemberg liegt“, kritisiert Dr. Andreas Kinser, Leiter Natur- und Artenschutz der Deutschen Wildtier Stiftung. Wildbiologen lehnen die Umsiedlung einzelner Individuen in genetisch verarmte Populationen ab, weil niemand weiß, welche Gene so verbreitet werden, und weil das Problem dadurch nicht nachhaltig gelöst wird. Sie plädieren stattdessen für eine Stärkung des Lebensraumverbunds und die Auflösung der sogenannten Rotwildbezirke, wie sie in Baden-Württemberg seit 1958 existieren. Das Festhalten an den Rotwildbezirken begründet der Minister mit der Ernährungssicherung – Rotwildschäden in Getreidefeldern sollen verhindert werden – und dem Aufbau klimafitter Mischwälder. Dabei ignoriert er, dass auch in den Bundesländern, in denen sich der Rothirsch wie jede andere Tierart seinen Lebensraum selbst suchen darf, die Menschen zum Glück ebenso wenig hungern müssen wie in Baden-Württemberg. Und auch Waldumbau wird in anderen Regionen erfolgreich betrieben.
Die Deutsche Wildtier Stiftung hat sich 2019 und 2020 mit einer Kampagne für mehr Lebensraum für den Rothirsch in Baden-Württemberg eingesetzt und bei einer Onlinepetition über 40.000 Unterschriften gesammelt. Vor dem Hintergrund der jetzt vorgestellten Ergebnisse fordern wir erneut, kurzfristig außerhalb der bestehenden Rotwildgebiete grundsätzlich alle männlichen, mindestens einjährigen Rothirsche zu schonen, damit ein Genfluss zwischen den Populationen wieder möglich wird. „Mittelfristig muss es in Baden-Württemberg endlich eine klare politische Agenda für mehr Rotwild-Lebensraum geben“, unterstreicht Andreas Kinser.
Positionspapier
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Rotwildmanagement in Baden-Württemberg
Das Positionspapier der Deutschen Wildtier Stiftung zur Weiterentwicklung des Rotwildmanagements in Baden-Württemberg können Sie hier herunterladen.
Autor: Deutsche Wildtier Stiftung
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