Was bringt der Trend „Mähfreier Mai“?
Mehr Lebensraum für Insekten und ein besseres Mikroklima!
Der Wonnemonat Mai ist für viele Menschen der schönste Monat im Jahr. Es wird wärmer, die Vögel balzen und brüten, Bäume und Blumen grünen und blühen. Die Gartensaison ist eröffnet und traditionell wird nach den Eisheiligen am 15. Mai Gemüse ins Freiland gepflanzt. Auch der Rasen wächst – jeder Halm mehrere Zentimeter in der Woche. Zeit, den Rasenmäher aus dem Schuppen zu holen. Oder auch nicht: Viele Gartenbesitzer verzichten ganz bewusst darauf, im Monat Mai zu mähen – für den Arten- und Naturschutz.
Ursprünglich kommt der „No Mow May“ – der „Mähfreie Mai“ aus England. Dort sind die Rasenflächen oft kurz geschoren und die Halme nicht länger als zwei bis vier Zentimeter. Blüten sieht man nicht. Denn noch bevor Wildblumen die Chance haben, aus dem Rasen hochzuwachsen und aufzublühen, schneidet man ihnen die Köpfe ab. Auch bei uns in Deutschland ist der englische Rasen vielerorts Standard. Nur: Solche Rasenflächen bieten Insekten und anderen Wildtieren weder Nahrung noch Lebensraum. Oft werden sie nur von Menschen genutzt, das ist schade.
Wer aber im Mai den Rasenmäher im Schuppen stehen lässt, kann sich noch im selben Monat an Farbtupfern im Grün erfreuen. Blühende Blumen locken neben Hummeln und Schmetterlingen auch besondere Arten an, etwa die Mai-Langhornbiene (Eucera nigrescens) – sie ist beispielsweise spezialisiert auf Wicken. Oder den Perlmuttfalter (Speyeria aglaja) – er futtert den Nektar der Flockenblume. Verschiedene Sandbienenarten nutzen vor allem Wiesen-Margeriten, um Pollen für ihren Nachwuchs zu sammeln. Und für Laufkäfer sind hohe Grashalme eine gute Sache: Sie suchen zwischen ihnen nach kleinen Spinnentieren. Heuschrecken vertilgen auf langen Halmen sitzend Raupen oder Larven. Die satten Käfer und Heuschrecken wiederum sind Nahrung für Vögel oder das Tier des Jahres, den Igel.
Wie sinnvoll der „Mähfreie Mai“ ist, zeigt eine Studie, die 2020 in der Stadt Appleton in den USA durchgeführt wurde. Auf Grundstücken, die im Mai nicht gemäht wurden, wuchsen mehr Pflanzen als auf regelmäßig gemähten Grünflächen, und die Artenvielfalt war größer. Außerdem tummelten sich dort fünfmal so viele Wildbienen und dreimal so viele unterschiedliche Arten.
Wer auch über den Mai hinaus etwas für die Artenvielfalt in seinem Garten tun möchte, der mäht seinen Rasen ab Juni nur abschnitts- oder inselweise. So haben Blumen und Kräuter eine weitere Chance zu wachsen. Solche Blühstreifen schaffen für Insekten und Vögel über den gesamten Sommer hinweg ein wertvolles Refugium. Auch auf öffentlichen Grünflächen sollte der „Mähfreie Mai“ beherzigt werden. Würden die Grünflächenämter in den Städten mehr Mut zu weniger Pflege haben, würde es deutlich mehr Insekten auf urbanen Flächen geben. In sehr trockenen Sommern würden die langen Grashalme die Rasenflächen zudem besser vor dem Vertrocknen schützen. Ein dichterer Bewuchs schafft ein kühleres Mikroklima im Boden und schützt diesen so vor dem Austrocknen. Je mehr Gartenbesitzer und auch Behörden sich der Bewegung „Mähfreier Mai“ anschließen, desto mehr profitieren Artenvielfalt und die Umwelt – und damit auch der Mensch.