Was macht eigentlich Mutterkatze SW-F3?
Wurfplätze und später genutzte Jungenverstecke aufzufinden ist längst nicht immer so gut möglich, wie im Fall der alten Eiche von SW-F3. Unsere Wildbiologen müssen bei der Suche im dichten Unterholz sehr behutsam vorgehen. Wir Menschen hinterlassen viele Gerüche und Spuren an den Verstecken. Wildkatzenmütter können bei ihrer Rückkehr empfindlich darauf reagieren und die Jungen unnötigerweise in ein anderes Versteck tragen.
Da wir in unserer Telemetriestudie möglichst unverfälschte Raum-Nutzungs-Daten von Wildkatzenmüttern erheben wollen, werden Verstecke der Jungtiere lediglich dann aufgenommen und erfasst, wenn dies ohne Störung möglich ist. In der Regel erfolgt das Aufsuchen solcher Strukturen im Nachhinein anhand von GPS-Daten des Senderhalsbandes, wenn die Mutterfamilien längst das Versteck gewechselt haben.
Generell wechseln Wildkatzenmütter mit zunehmenden Alter der Jungen immer häufiger die Verstecke. So machen sie es Fressfeinden schwer, ihre Jungen aufzufinden. Gerade wenn sich der Aktionsradius der Welpen Tag für Tag ein wenig vergrößert und sie die unmittelbare Umgebung des Versteckes erkunden, ist die Gefahr groß, von Füchsen und Baummardern entdeckt zu werden. Während sie in den ersten Lebenswochen noch mit einem behutsamen Nackengriff von der Mutterkatze nacheinander umgetragen werden, laufen sie schon ab der siebten bis achten Lebenswoche selbstständig mit. Weil sie einen hohen Bedarf an eine Vielzahl geeigneter Verstecke und Höhlen haben sind Wildkatzenmütter ganz besonders auf struktur- und totholzreiche Lebensräume angewiesen.
Wo sich die Mutterkatze überall aufgehalten hat, verrät den Wildbiologen das High-Tech Halsband, das SW-F3 seit dem 3. Februar trägt – um 22:50 Uhr meldete ein Fallenmelder ihren Fang. Alle zweieinhalb Stunden speichert die Technik seitdem ihre Lokalisation als GPS-Signal. Zum Auslesen der Daten nähern sich die Wildbiologen dem Tier alle zwei Wochen mit Hilfe eines zusätzlichen Radiosignals das vom Senderhalsband ausgeht. Die Übertragung der Daten erfolgt auf eine Distanz bis zu 100 Metern, so dass die Wildkatze hierbei nicht gestört wird.
Anhand einer Interpretation der GPS-Lokalisationen der Mutterkatze SW-F3 haben wir die Aufenthaltsorte ihrer Jungen, zu denen sie nach ihren Jagdausflügen immer wieder zurückkehrte, über Wochen nach der Geburt hinweg verfolgen können.
Abbildung der Jungtierverstecke bis zum 3. Lebensmonat
Die grünen Punkte auf der Abbildung stellen die einzelnen GPS-Lokalisationen der Mutterkatze SW-F3 dar. Sucht eine Katze einen Ort häufig auf, wird sie entsprechend häufig dort lokalisiert. Die einzelnen Lokalisationen werden in einer Punktwolke dargestellt, wodurch wir die Verstecke der Jungtiere mit hoher Sicherheit identifizieren konnten.
Versteck 1
Zur Geburt der ihrer Jungen zog sich SW-F3 in den hohlen Stamm einer alten Eiche zurück. Für Füchse, die gerne neugeborenen Katzen nachstellen, war das Einstiegsloch auf Mannshöhe am Stamm des Baumes nicht erreichbar – ein sicherer Ort für die Jungen. Bis zum Ende der zweiten Lebenswoche blieb sie dort mit ihren Jungen und brach von dort aus zu Streifzügen in die Umgebung auf.
Versteck 2
In der dritten Lebenswoche trug sie ihre vier Jungen eines nach dem anderen über eine Distanz von 160 Metern an den Rand einer sonnigen Windwurffläche. Das Jungenversteck befand sich an einem gekippten Baumwurzelteller, der mit Brombeeren überwuchert war. Dort blieben sie 10 Tage.
Windwurfflächen bieten Wildkatzenmüttern ideale Lebensbedingungen: Nirgendwo gibt es ein größeres Angebot an Verstecken unter Wurzelstubben und Totholzansammlungen zwischen dichtem Jungwuchs, Brombeerdickichten und hohen Gräsern.
Versteck 3
Auch das nächste, unmittelbar benachbarte Versteck 3 auf derselben sonnenbeschienenden Fläche befand sich unter dichten Brombeerranken. Eine vom Team Soonwald installierte automatische Kamera wurde genau richtig positioniert: Sie hat die Mutterkatze beim Umtragen eines der Jungen in das neue Versteck erfasst. Bis die Jungen einen Monat alt waren, blieben sie hier auf der Windwurffläche.
Fotos der Jungtierverstecke 1 bis 3
Versteck 4
Mit dem Ende des ersten Lebensmonats überwand die Mutterfamilie eine erste größere Distanz von 660 Metern in nordwestliche Richtung.Die Jungen verbrachten hier ihren gesamten zweiten Lebensmonat in einem Versteck im Wald. Welche „Requisite“ - ob ein Reisighaufen, eine Baumhöhle oder ein verlassener Fuchsbau - hier den notwendigen Schutz bot, konnte von den Wildbiologen bisher nicht ausfindig gemacht werden.
Die Telemetriedaten zeigen uns, dass die Jungen zu dieser Zeit anfingen, ihren Erkundungsradius stark zu erweiterten. Man erkennt dies an einer immer weiteren Streuung der GPS-Lokalisationen, zu denen die Mutterkatze regelmäßig zurückkehrte. Die Punktwolken, an denen die Jungen vermutet werden,sind nun nicht mehr so dicht.
Ihre ersten Exkursionen führten die Jungkatzen vermutlich auch auf die benachbarte ältere Windwurffläche, auf der bereits wieder Büsche und Bäume herangewachsen sind, wie im Luftbild zu erkennen ist. Im Alter von neun Wochen sind Wildkatzenjunge bereits sehr mobil und sie lernen einen größeren Teil des mütterlichen Streifgebietes kennen.
Versteck 5 und 6
Die Mutterkatze SW-F3 führte ihre Jungen zunächst für einige Tage über eine Distanz von 950 Metern gen Westen Versteck 5, um dann mit Versteck 6 wieder in die Nähe von Versteck 4 zurückzukehren.
Ab der 10. Lebenswoche war es nicht mehr möglich, aus den Telemetriedaten regelmäßige Rückkehren der Mutterkatze zu bestimmten Plätzen, an denen der Aufenthaltsort der Jungen angenommen werden musste, zu erkennen. Mit zunehmender Mobilität der Jungen verkürzen sich zudem die Aufenthaltsdauern an bestimmten Verstecken. Die Jungen werden nun mutiger und ab dem 5. Lebensmonat von der Mutter an die Jagd herangeführt.
In allen drei Untersuchungsgebieten unserer Studie (Eifel, Haardtwald und Soonwald) wurden in diesem Jahr Junge führende Wildkatzen registriert - hoffentlich ein Zeichen für ein erfolgreiches Wildkatzenjahr!