Winterstrategien unserer Wildtiere
Dickes Fell, Frostschutz und kuscheln
Wildschweine sorgen vor – mit Pölsterchen aus Luft und Speck
Das Schwarzwild (Sus scrofa) ist ein Tausendsassa – durch seine Anpassungsfähigkeit kommt es mit der kalten Jahreszeit in der Regel bestens zurecht. Mit ihren feinen Nasen erschnüffeln die Schweine Eicheln, Pilze und Wurzeln auch unter einer Schneedecke. Wenn es friert, nehmen sie auch mit Aas oder Abfall vorlieb. Außerdem sorgen sie bereits im Herbst vor und legen sich ein Speckpolster zu. Im Dezember ist dann auch der Fellwechsel bei Wildschweinen abgeschlossen: Dicke Winterborsten schützen sie nun vor niedrigen Temperaturen. Zwischen den einzelnen Haaren sorgen Luft kammern für eine gute Isolierung. Unter den Borsten liegt dichte Unterwolle, auch sie hält Nässe und Kälte ab. Wird es in einem Winter sehr eisig, kuscheln sich die Nichten, Tanten und Schwestern einer Rotte im Unterholz aneinander und wärmen sich. Die Anpassung der Wildschweine an die kalte Jahreszeit ist so erfolgreich, dass im ausgehenden Winter sogar die meisten Frischlinge zur Welt kommen können.
Rothirsche dürfen keine Kalorie verschwenden
Sobald die Temperaturen unter null Grad sinken, ist für den Rothirsch (Cervus elaphus) absolute Ruhe angesagt. Aktivität verbraucht Energie in Form von Kalorien, doch der Hirsch, ein Pflanzenfresser, findet im Winter nur wenig bis gar nichts zu futtern. Die Tiere scharren die letzten Baumfrüchte aus dem harten Boden. Sie fahren ihren Stoffwechsel auf ein Minimum herunter. Ihr Herz schlägt nur noch 40- statt 70-mal in der Minute. Die Atmung verlangsamt sich, der Magen schrumpft . Weil der Hirsch im Energiesparmodus ist, verharrt er jetzt oft bewegungslos im Wald. Der Vegetarier darf nun keine Kalorie unnötig verschwenden. Die Deutsche Wildtier Stiftung bittet Jäger und Naturliebhaber daher: Vermeiden Sie möglichst alle Störungen nach dem Jahreswechsel! Jede Flucht kostet das Rotwild Energie, das es bei einem langen Winter noch dringend braucht.
Rehe futtern weniger
Bedingt durch die knappe Nahrung schrumpft der Reh-Pansen im Winter um etwa 20 Prozent. Darum können Fütterungen schaden: Das Verdauungssystem der Tiere könnte einen Großteil der Nahrung nicht verarbeiten, sie würden krank werden.
Füchse jagen Mäuse auch im Schnee
Wie alle Hundeartigen kann der Fuchs (Vulpes vulpes) ausgezeichnet riechen und hören. Das macht ihn selbst bei geschlossener Schneedecke zum effektiven Mäusejäger. 15 Nager sind seine durchschnittliche Tagesration – es dürfen auch gern mehr sein. Der Fuchs braucht nun besonders viel Energie, denn im Januar steht die anstrengende Paarungszeit an. Die Rüden müssen dann nicht nur eine Partnerin finden, sondern auch ihre Konkurrenten vertreiben. Ist keine Maus mehr zu kriegen, stehen für den opportunistischen Beutegreifer aber auch Aas und Abfall auf dem Speiseplan. Seine Anpassungsfähigkeit führt den Fuchs bis in die Großstädte, wo er auch an kalten Tagen Nahrung und Unterschlupf findet.
Rebhühner bilden Ketten
Das Rebhuhn (Perdix perdix) ist ein etwa taubengroßer Hühnervogel, der kaum vor seinen Feinden fliehen kann. Darum setzt er auf die perfekte Tarnung. Im Schnee aber wird das Rebhuhn für seine Fressfeinde sichtbar. Ein wenig Schutz bietet ihm die Bildung sogenannter Ketten: Kleine Gruppen, die entweder aus einem Elternpaar mit seinen erwachsenen Jungvögeln des vorangegangenen Sommers oder aus Rebhühnern ohne Bruterfolg bestehen. Hecken und strukturreiche Blühflächen als Versteck sind für das Rebhuhn im Winter überlebenswichtig.
Alpenschneehühner (Lagopus muta) lassen sich sogar bewusst einschneien. Sie bauen kleine Iglus, in denen es wärmer ist als draußen im eisigen Wind.
Insekten überleben durch eine Art körpereigenes Frostschutzmittel
Es gibt zahlreiche Stechmückengattungen (Culicidae) mit den unterschiedlichsten Überwinterungsstrategien. Die meisten Arten überwintern im Ei-Stadium. Bei der Gemeinen Stechmücke (Culex pipiens) sterben die Männchen bereits im Herbst, während die befruchtete Weibchen problemlos über die kalte Jahreszeit kommen. Kühle, feuchte und geschützte Stellen in Kellern, Höhlen, Viehställen und Häusern bieten ihnen dabei ideale Bedingungen. Dort verfallen die Insekten in eine Art Kältestarre. Dafür scheiden sie überschüssige Körperflüssigkeit aus. In die verbleibende Flüssigkeit wird ein Zucker eingebaut, der wie ein Frostschutzmittel wirkt. Auch Wildbienen überwintern mit dieser Strategie.
Frösche fallen in die Winterstarre
Amphibien sind ektotherme Tiere, deren Köpertemperatur sich der Außentemperatur anpasst. Bereits bei Temperaturen von unter zehn Grad können sich Amphibien nicht mehr bewegen. Sinkt das Thermometer dann noch weiter, sind wind- und frostgeschützte Verstecke wie Komposthaufen, Hohlräume unter Baumwurzeln oder Mauerspalten dringend notwendig. Hier fallen Amphibien in eine Kältestarre. Sie wenden damit einen uralten Überlebenstrick ihrer Art an. Der Stoffwechsel wird drastisch runtergefahren, alle Körperfunktionen dabei nahezu auf Null gestellt. In diesem starren Zustand verharren die Tiere, bis der Frühling endlich wieder seine warmen Strahlen schickt.