Wohnungsnot im Wald: Baumeister Schwarzspecht fehlen die Bäume!
Die Deutsche Wildtier Stiftung erklärt, warum darunter die Artenvielfalt im Ökosystem Wald leidet
Alte Bäume, prachtvolle Käfer, nachtaktive Eulen und Fledermäuse gehören zur Welt des Schwarzspechts. Europas größte Spechtart ist fast so groß wie eine Krähe und bevorzugt für den Bau seiner Bruthöhle alte Rotbuchen. Schwarzspecht-Höhlen sind langlebige, über viele Jahrzehnte nutzbare Brut- und Wohnstätten, Tagesverstecke und Überwinterungsquartier für viele Vogel- und Säugetierarten, von denen viele auf der Roten Liste gefährdeter Tierarten stehen. Ohne den Schwarzspecht als Zimmermann besonders geräumiger Baumhöhlen wären alle diese Arten obdachlos. Daneben sind seine Höhlen Entwicklungsraum und Nährsubstrat für Baumpilze, Bockkäferarten und in Holz lebenden Insekten. Die Zahl der in einem Gebiet vorhandenen Höhlenbäume ist somit von entscheidender Bedeutung für die Biodiversität in unseren Wäldern.
Bedrohlich: Dem Schwarzspecht geht das Baumaterial aus
Doch dem Baumeister Schwarzspecht fehlen die Bäume. Die Deutsche Wildtier Stiftung warnt: Wohnungsmangel im Wald macht Rote-Liste-Tiere obdachlos! Im Biosphärengebiet Schwäbische Alb hat die Deutsche Wildtier Stiftung ein Projekt als Träger begleitet, in dem vor zehn Jahren 282 Schwarzspecht-Höhlenbäume kartiert, mit GPS erfasst und dauerhaft markiert wurden. 2016 wurden diese Schwarzspecht-Höhlen untersucht, um den Status quo zu begutachten und die „Nachmieter“ zu besuchen. Wie hat sich die Höhlensituation im Wald verändert? Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb liegt im Südwesten Deutschlands im Bundesland Baden-Württemberg und umfasst eine Fläche von annähernd 850 km² (85.000 ha).
Wo sollen Hohltaube, Dohlen oder Siebenschläfer wohnen?
Jetzt liegen erste Ergebnisse aus dem Projekt vor. Beispielsweise dieses: Der häufigste Nachnutzer von Schwarzspecht-Höhlen im untersuchten Gebiet Schwäbische Alb ist die Hohltaube. Direkter Vormieter der Hohltaube waren entweder der Baumeister Schwarzspecht selbst oder Dohlen, die dort gebrütet haben. Es gab aber auch Doppelbelegungen: eine Art „WG“ von Hohltauben mit Dohlen, Schwarzspechten, Bienen und Siebenschläfern. Und: Der Schwarzspecht hat auf dem „Baumarkt“ einen knallharten Konkurrenten. Die intensive Forst- und Holzwirtschaft macht es den Waldbewohnern immer schwerer, Höhlenraum zu finden! Baumeister Schwarzspecht konkurriert quasi mit der Kettensäge um das Baumaterial, denn dicke Stämme sind auf beiden Seiten heiß begehrt. Der Schwarzspecht fängt erst an zu bauen, wenn die Stämme mindestens 40 cm dick sind. Rotbuchen sind bei Schwarzspechten besonders beliebt – und bei den Menschen auch.
Der Schwarzspecht ist nicht nur ein perfekter Baumeister, wenn es um die eigenen Bedürfnisse geht: Europas größte Spechtart – er ist fast so groß wie eine Krähe – trägt also im Ökosystem Wald ganz entscheidend zur Artenvielfalt bei. Ist die Schwarzspecht-Höhle erst gebaut, wird sie Jahrzehnte lang als Brut- und Wohnstätte genutzt. Sie dient auch als Versteck und Überwinterungsquartier für viele Tierarten; einige stehen auf der Roten Liste gefährdeter Arten.
Obwohl Spechthöhlen im Wald dringend benötigt werden, entstehen Neubauten nur selten. In einem Schwarzspecht-Revier wird etwa alle fünf Jahre eine neue Höhle gebaut. Das heißt: Auf einer Fläche von zehn Quadratkilometern liegt die Neubaurate bei weniger als einem Höhlenbaum pro Jahr. Es mangelt einfach an geeigneten Bäumen.
Naturverträgliche Waldbewirtschaftung heißt die Lösung für mehr Wohnraum
Um dem fliegenden Häuslebauer zu helfen, empfiehlt die Deutsche Wildtier Stiftung für das Biosphärengebiet Schwäbische Alb eine naturverträgliche Waldbewirtschaftung, die sich an den Walderneuerungsprozessen der Buchen-Urwälder orientiert. In den letzten zehn Jahren sind in der Pflegezone des Biosphärengebietes Schwäbische Alb allein durch Stürme 24 Höhlenbäume vernichtet worden. Noch viel mehr zum Schwarzspecht-Projekt der Deutschen Wildtier Stiftung finden Sie hier.