Zum Fischotterabschuss in Bayern
Muttertierschutz ist nicht verhandelbar
Auch soll der Erhaltungszustand einer Population sich nicht verschlechtern. So steht es auf dem Papier. Dennoch: Arten- und Naturschützer sehen die neue Otter-Verordnung mit großer Sorge – war der Otter doch Ende der 60er-Jahre durch Jagd und Lebensraumverlust bereits nahezu ausgerottet und konnte sich seitdem nur mühsam durch Artenschutzmaßnahmen in Deutschland wieder ausbreiten. Nach wie vor gehört der Fischotter zu den streng geschützten Arten gemäß Bundesnaturschutzgesetz, doch Bayern will Ausnahmen vom strengen Schutz erleichtern.
Auch wenn die Zahl der Fischotter in Deutschland in den letzten Jahren stetig zugenommen hat, wird der Wassermarder in der Roten Liste immer noch als „gefährdet“ geführt. In drei Bundesländern gilt er sogar noch immer als ausgestorben. Der von der EU geforderte „günstige Erhaltungszustand“ ist damit in Deutschland noch nicht gegeben. Auch die Deutsche Wildtier Stiftung schützt seit vielen Jahren den Fischotter auf ihren Flächen. 2021 war er Tier des Jahres und eine Reihe von Schutzmaßnahmen wurden eingeleitet, etwa Maßnahmen zur Verhinderung von Straßentod durchgeführt, Lebensräume aufgewertet und ein Monitoring gestartet. „Wir kennen die Probleme und die Konflikte, die mit dem Fischotterschutz einhergehen, sehr gut“, sagt Lea-Carina Mendel, Biologin und Artenschützerin bei der Deutschen Wildtier Stiftung. Hier gilt es, wie bei jedem Mensch-Wildtier-Konflikt, einen Kompromiss zu finden, der beiden Seiten gerecht wird. Der Schutz von zur Aufzucht von Jungtieren notwendigen Muttertieren ist aber bei keinem Kompromiss verhandelbar: „Muttertiere könnten nach der jetzigen Verordnung getötet werden“, sagt Mendel.
Fischotter haben keine festen Paarungszeiten, sie bekommen das ganze Jahr über Nachwuchs. „Es muss also ausgeschlossen werden, dass Weibchen, die trächtig sind oder Nachwuchs führen, entnommen werden. Nur so kann das Verwaisen oder Verenden von jungen Fischottern vermieden werden. Auch im ersten Lebensjahr bleiben junge Fischotter in der Nähe der Mutter und lernen das Schwimmen und die überlebenswichtigen Jagdtechniken. Zudem sollte ein transparentes, reproduzierbares und systematisches Monitoring Aufschluss über den Otterbestand vor Ort geben und diese Daten auch veröffentlicht werden, um die nun verabschiedeten Entnahmemöglichkeiten hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Erhaltung der Art bewerten zu können, fordert die Deutsche Wildtier Stiftung. Naturschutzverbände klagen gegen die neue Verordnung. Am 22. Mai wird erneut vor Gericht verhandelt.