Auf den Spuren der Wiesenweihe

Expedition Ost-Marokko

Wiesenweihe im Flug

Wie steht es um die Rastgebiete der Wiesenweihe in Nordafrika? Um dieser Frage nachzugehen, reiste die Ökologin Dr. Almut E. Schlaich von der Dutch Montagu’s Harrier Foundation (Grauwe Kiekendief – Kenniscentrum Akkervogels) im April mit einem Team für zwei Wochen nach Ost-Marokko. Unterstützt wurde sie dabei von der Deutschen Wildtier Stiftung. Wichtige Erkenntnisse gewannen die Forscher, indem sie die Greifvögel und ihre Beutetiere in verschiedenen Habitaten zählten und den Zustand der Landschaft dokumentierten. Jetzt liegen erste Auswertungsergebnisse vor.

Nordafrika ist für Wiesenweihen ein wichtiges Rastgebiet, wenn sie im Frühjahr in die Brutgebiete, unter anderem nach Deutschland, und im Herbst in ihre Winterquartiere in der Sahelzone ziehen. Wir setzen uns für den Schutz der stark gefährdeten Art in den Brutgebieten in Mecklenburg-Vorpommern ein. Aber der Bestand hängt nicht nur vom Bruterfolg ab, sondern auch von den Bedingungen im gesamten Verbreitungsgebiet. Deshalb haben wir die Forschungsreise von Almut Schlaich und ihrem Team unterstützt.

Ziel der Expedition war es, Wiesenweihen und ihre Schlafplätze zu finden, den Zustand des Rastgebiets zu dokumentieren und das Beuteangebot der Greifvögel zu kartieren. Bereits im April 2010 und im April 2011 hatte Almut Schlaich in Marokko Daten über die Greifvögel, ihre Beute und den Zustand der Landschaft gesammelt. Die Ergebnisse hatten damals gezeigt, dass sich die Wiesenweihen hauptsächlich in landwirtschaftlichen Gebieten und in solchen Steppenhabitaten aufhielten, die nicht von Überbeweidung betroffen waren. Dort war die Dichte an Lerchen und anderen Singvögeln, der Hauptbeute der Wiesenweihen in diesen Gebieten, höher gewesen. Auch in untersuchten Gewöllen hatte Schlaich bei ihren ersten Expeditionen vor allem Reste von Singvögeln und ihren Eiern gefunden.

ZÄHLEN, DOKUMENTIEREN, VERGLEICHEN

Bei der jüngsten Expedition in diesem Jahr führte das Team um Almut Schlaich sogenannte Beutetransekte durch, um potenzielle Beutetiere der Wiesenweihen zu kartieren: In einem festgelegten Gebiet zählten die Forscher entlang einer Linie alle Vögel, Reptilien, größeren Insekten und Säugetierhöhlen. Um herauszufinden, wie sich Lebensraum und Beuteverfügbarkeit in den letzten Jahren verändert haben, zählten sie größtenteils auf exakt den gleichen Transekten wie 2010 und 2011.

WO SIND DIE SENDER-VÖGEL?

Das Team versuchte auch, bestimmte Wiesenweihen zu finden, die mit Sendern ausgestattet waren – keine leichte Angelegenheit. Die Spur eines Vogels aus den Niederlanden führte ins Leere, da er das Gebiet, in dem er sich aufhalten sollte, bei Ankunft der Forscher schon wieder verlassen hatte. Erfolgreich verlief dagegen die Suche nach einer besenderten Wiesenweihe aus Polen. Sie befand sich etwas außerhalb des ursprünglichen Untersuchungsgebiets auf einer abwechslungsreichen Landwirtschaftsfläche, auf der die Wissenschaftler während ihrer Reise die höchsten Dichten an Wiesenweihen beobachteten.

PALMPLANTAGEN STATT STEPPE

Eine beunruhigende Veränderung beobachtete Almut Schlaich im südlichen Teil des Untersuchungsgebiets. Große Teile der Steppe, in denen sie 13 Jahre zuvor Beutetransekte durchgeführt hatte, sind heute Dattelpalmplantagen. Auf Hunderten Quadratkilometern stehen Zäune, Becken für die Bewässerung und endlose Reihen von Palmen. Das ursprüngliche Steppenhabitat ist verschwunden und mit ihm ein großer Teil der hier vorkommenden Pflanzen und Tiere. An anderen Stellen hat die Trockenheit der vergangenen Jahre deutliche Spuren hinterlassen. Große Gebiete sind komplett kahl, und die Nomaden sind weggezogen, weil das Vieh keine Nahrung mehr findet. Die Auswirkungen des Klimawandels sind deutlich sichtbar.

ERSTE ERGEBNISSE LIEGEN VOR

In den letzten Wochen haben die Forscher erste Auswertungen durchgeführt und die Daten mit denen von vor 13 Jahren verglichen. Die vorläufigen Ergebnisse sind schockierend. Die Degradierung der Landschaft hat stark zugenommen – mittlerweile sind mehr als drei Viertel der Flächen im Untersuchungsgebiet mäßig bis stark degradiert (siehe Abbildung unten links). Auch die Zahl der potenziellen Beutetiere ist zurückgegangen (Abbildung unten rechts). Durch Überweidung und zunehmende Trockenheit aufgrund des Klimawandels spielt sich in Ostmarokko eine ökologische Katastrophe ab, und ein wichtiges Rastgebiet für Wiesenweihen und andere Zugvögel geht verloren.

WEITERE EXPEDITION IM HERBST

Dennoch war die Expedition aus wissenschaftlicher Sicht sehr erfolgreich, denn die Forscher konnten viele wertvolle Daten sammeln. Für September 2024 planen Almut Schlaich und ihre Kollegen eine weitere Expedition, auf der sie die Situation während des Herbstzugs erfassen wollen. Denn die Steppen auf den Hochplateaus von Ost-Marokko sind auch im Herbst ein wichtiges Rastgebiet für Wiesenweihen und andere Zugvögel.

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Links: Länge der untersuchten Beutetransekte in natürlichen Habitaten (ohne Ackerland), unterteilt in Degradierungskategorien 0 (keine Degradierung) bis 3 (totale Degradierung).

Rechts: Anzahl der potenziellen Beutevögel pro Kilometer in den verschiedenen Habitaten (AE: Anti-Erosionsmaßnahmen, D: Depression, F: Ackerland, N: Steppe, NH: Halfa-Steppe, NR: Steppenraute-Steppe, W: Wadi). Die Gesamtlänge der Transekte, die im April 2024 erneut gezählt wurden, betrug beeindruckende 79 km.

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