Schweinswalschutz in der Ostseefischerei

Zwei Doktorandinnen erforschen neue Fischfangmethoden

Schweinswal Schweinswale

Der Gewöhnliche Schweinswal (Phocoena phocoena) wurde auf der 14. Artenschutz-Konferenz des Übereinkommens zur Erhaltung wandernder Tierarten (Convention on the Conservation of Migratory Species of Wild Animals, CMS) in die Liste der vom Aussterben bedrohten Arten aufgenommen. Neben Unterwasserlärm und schleichender Vergiftung sind vor allem Stellnetze eine Gefahr für die Meeressäuger: Oft ersticken sie darin und enden als Beifang. Zwei aktuelle Forschungsarbeiten haben das Ziel, das Tier des Jahres 2022 vor diesem Schicksal zu bewahren.

Schweinswalschutz und Fischerei: So ist beides möglich

Das Stellnetz ist das meistgenutzte Fanggerät in der Ostsee und vielen anderen Gewässern weltweit. Es ist effizient, einfach einzusetzen und kostengünstig. Allerdings ist das nahezu unsichtbare Netz eine große Gefahr für tauchende Meeresvögel und Meeressäuger wie den Schweinswal. Die Wale können die Netze kaum sehen und das dünne Material nur schlecht mit ihrem Echoortungssinn wahrnehmen. Deshalb kann es passieren, dass sie sich darin verfangen und ertrinken, weil sie nicht zum Atmen auftauchen können.

Wie lässt sich der Beifang von Schweinswalen verhindern, ohne die Fischerei einzustellen? Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder muss das Netz so verändert werden, dass die Tiere es besser wahrnehmen können, oder man ersetzt das Stellnetz durch alternative, für Schweinswale ungefährliche Fanggeräte. Am Thünen-Institut für Ostseefischerei befassen sich derzeit – unterstützt von der Deutschen Wildtier Stiftung – zwei Doktorandinnen mit den beiden Lösungen. Das Projekt mit dem Namen STELLA2 wird vom Bundesamt für Naturschutz gefördert.

Lösung 1: Mit Perlen gegen den Beifang

Andrea Milanelli erforscht im Rahmen ihrer Doktorarbeit das sogenannte PerlenNetz. In das Stellnetz sind kleine Kunststoffkugeln mit einem Durchmesser von etwa acht Millimetern eingearbeitet. Schweinswale können diese Perlen mit ihrem Biosonar sehr gut wahrnehmen. Trifft der Schall der Echoortung auf die Perlen, wird er zum Schweinswal zurückgeworfen, verstärkt durch Resonanzeffekte. Damit die PerlenNetze von Fischern angenommen werden, ist es wichtig, dass die Kügelchen den Fischfang nicht beeinflussen. Bei Versuchen in Zusammenarbeit mit einem kommerziellen Ostseefischer wurden die Fangerfolge mit konventionellen Netzen und PerlenNetzen verglichen. Beide brachten die gleichen Erträge. Nun steht der nächste Schritt in der Forschungsarbeit an: ein groß angelegter Versuch, in dem die Beifangzahlen von Schweinswalen in PerlenNetzen und konventionellen Stellnetzen verglichen werden sollen.

Lösung 2: Fischfalle statt Stellnetz

Doktorandin Sara Berzosa untersucht die Fischfalle als Alternative zum Stellnetz. Dieser geschlossene Käfig hat mehrere Eingänge, durch die Fische zwar einfach hinein-, aber nur schwer wieder hinausschwimmen können. Angelockt werden die Tiere von einem Köder in der Falle. Fischfallen haben, wie Stellnetze, geringe Auswirkungen auf den Meeresboden und einen niedrigen Energieverbrauch. Dazu kommt aber ein entscheidender Vorteil gegenüber den Netzen: Sie können so gebaut werden, dass Schweinswale nicht hineingelangen und deshalb nicht darin ertrinken können.

Die Hauptaufgabe der Forscherin ist es, die Fangeffizienz von Fischfallen zu steigern, um sie für Fischer interessant zu machen. Vorangegangene Studien konzentrierten sich hauptsächlich auf den Fang von Dorsch (Gadus morhua). Nun gilt es, die Fischfallen für den Fang von Plattfischen anzupassen. Deren Bedeutung für die Fischerei ist seit dem Rückgang der Dorschbestände in der Ostsee enorm gestiegen. Um den richtigen Köder und den idealen Eingang zu finden, wird das Verhalten der Fische zunächst unter kontrollierten Bedingungen in Netzkäfigen untersucht. Ausgehend von diesen Erkenntnissen werden die Fallen weiterentwickelt und in der Fischerei getestet. Die Doktorandin hat schon Eingänge entwickelt, die für verschiedene Fischarten geeignet sind – sogenannte Multispecies-Eingänge. Im nächsten Schritt geht es darum herauszufinden, wie effizient die neuen Eingänge im Vergleich zu den auf Dorsche ausgelegten Öffnungen sind. Zum Schluss wird sich zeigen, ob die Fischfalle es mit dem Stellnetz aufnehmen kann: Dann will die Forscherin die Fangeffizienz der beiden Geräte vergleichen.

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