Windenergie im Lebensraum Wald
Wo stehen wir im Jahr 2018?
Derzeit sorgen rund 28.000 Windenergieanlagen (WEA) für 12 Prozent des Primärstroms in Deutschland. Vor dem Hintergrund der ambitionierten Ausbauziele von Bund und Ländern sollen auch 2018 viele weitere Anlagen hinzukommen. Da geeignete Standorte im Offenland aufgrund des geforderten Mindestabstands zu Siedlungen langsam knapp werden, steigt in vielen Regionen der Druck auf die Waldflächen. Die bundesweit unterschiedlichen Mindestabstände zu Wohnanlagen variieren derzeit von 400 Meter (Niedersachsen) bis zu 2000 Metern (in Bayern gilt: Abstand = 10fache Anlagenhöhe), wobei eine Tendenz hin zu größeren Abständen zu erkennen ist.
Energiewende gegen Artenschutz
Mit dem Bau von WEA wird das komplexe Ökosystem Wald mit all seinen wichtigen Funktionen als Lebensraum, Nahrungsquelle und Klimaregulator schwer beeinträchtigt: Noch ehe die bis zu 200 Meter hohen Windräder sich über den grünen Wipfeln drehen, kommt es zu massiven Störungen durch die Rodung der erforderlichen Flächen und den Bau der Zuwegung für die Anlagen und die folgende Bauphase!
Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert bereits seit 2014: „Windkraft? Ja, aber nicht zu Lasten unserer Wälder!“ Unter diesem Motto tourt seit knapp einem Jahr unsere Wanderausstellung durch Deutschland und veranschaulicht die Konsequenzen, die Windkraft insbesondere für sensible Fledermausarten und Greifvögel wie den Rotmilan und den extrem seltenen Schreiadler haben kann.
2017 erschien die zweite Auflage der Studie „Windenergie im Lebensraum Wald“ des renommierten Biologen Dr. Klaus Richarz (hier bestellen), die zeigt, welche Gefahr für die Biodiversität von Windkraft im Wald ausgeht.
Es wird deutlich, dass Störungs- und Tötungsverbote sowie der Schutz von Fortpflanzungs- und Ruhestätten windkraftsensibler Arten von den Bundesländern unterschiedlich behandelt werden und sich folglich der Ausbau von Windenergie in Wäldern sehr heterogen gestaltet. Während es in einigen Ländern einen strikten Ausschluss von Waldstandorten gibt, stehen in anderen schon mehrere Hundert Windräder ebendort!
Am häufigsten stehen Wald-Windkraftanlagen in Rheinland-Pfalz
Spitzenreiter mit den meisten Windenergieanlagen im Wald ist Rheinland-Pfalz, dicht gefolgt von Brandenburg, Bayern, Hessen und Baden-Württemberg. Über Windenergieerlasse werden in den norddeutschen, weit weniger bewaldeten Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein Wälder als Standort für Windräder ausgeschlossen.
Wo wir uns engagieren
Die Deutsche Wildtier Stiftung engagiert sich gegen Windenergie im Lebensraum Wald. Aus diesem Grund erreichen uns viele Hinweise von Bürgerinnen und Bürgern, die erleben, dass Waldgebiete, in denen sie regelmäßig Wildtiere beobachten, zu Windeignungsgebieten erklärt werden oder schon als Baustelle dienen. Wo naturschutzfachliche Zweifel aufkommen oder befürchtet werden muss, dass geltendes Artenschutzrecht nicht umgesetzt wird, setzen wir uns ein.
In relevanten und begründeten Fällen geht die Deutsche Wildtier Stiftung gemeinsam mit der Naturschutz Initiative e.V. rechtlich gegen diese Entwicklung vor: Zurzeit widersprechen wir zusammen gegen einen Standort in Rheinland-Pfalz und einen in Baden-Württemberg. In Mecklenburg-Vorpommern stellen wir uns gemeinsam mit dem NABU gegen einen geplanten Windpark am EU-Vogelschutzgebiet Galenbecker See. In den kommenden Monaten werden wir die Regionen besuchen und aktuelle Fotos und Berichte auf unsere Internetseite für Sie zu Verfügung stellen.
Was können Bürger gegen Windkraftplanungen vor Ort tun?
Eine Klage ist nicht der einzige Weg, um den Bau eines Windparks im Wald zu verhindern. Denn von der Idee bis zum fertigen Windrad ist es ein langer (bürokratischer) Weg, auf dem es die Möglichkeit gibt, Natur-und Artenschutzbelange vorzubringen und sich einzumischen. Dabei ist es sinnvoll, nicht zu warten, bis die Projektierer mit den Baumaßnahmen beginnen! Es ist wichtig, frühzeitig so viele Informationen wie möglich über eventuelle Planungen einzuholen! Nur wer Bescheid weiß, kann etwas bewegen.
Die Gemeinden haben die Baupläne
Unabhängig von konkreten Bauvorhaben ist die Festlegung potentieller Flächen für Windenergieanlagen (Vorranggebiete und Eignungsgebiete) eine Aufgabe der Raumordnung, also der großräumigen Flächenplanung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder. Jedes Bundesland stellt Raumordnungspläne auf, deren Vorgaben in Regionalplänen konkretisiert werden. Die unterste Ebene der Raumordnung stellt die Bauleitplanung der Gemeinden dar, die über die Erstellung von Flächennutzungsplänen erfolgt.
Die Öffentlichkeit hat das Recht auf Information
Die Öffentlichkeit muss per Gesetz an den Prozessen der Raumordnungsplanung beteiligt werden, indem neben der öffentlichen Auslegung von Entwürfen auch die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird. Hier sollten Natur- und Artenschützer von ihrem Recht Gebrauch machen und sich kritisch zu Windplanungsgebieten in wertvollen (Wald-) Habitaten äußern! Zahlreiche Beispiele zeigen, dass engagierte Bürgerinitiativen durch gut begründete naturschutzfachliche Einwendungen die Planungen zugunsten der Natur beeinflussen können.
Fragen Sie nach!
Da die Bundesländer und deren regionalen Planungsverbände unterschiedliche Informationssysteme und Modelle der Öffentlichkeitsbeteiligung nutzen, empfehlen wir Ihnen, sich einerseits auf den behördlichen Internetseiten einen Überblick zu verschaffen und andererseits direkt bei der Gemeinde um Auskunft zu bitten. Zudem können Sie oftmals in den regionalen Naturschutzverbänden Ansprechpartner für Ihre Fragen zu eventuell geplanten Windparks in Waldgebieten finden. Zögern Sie nicht, gemeinsam unbequeme Fragen zu stellen! Die Deutsche Wildtier Stiftung begrüßt Ihr Interesse und Engagement für den Artenschutz und den Erhalt des wertvollen Lebensraums Wald.