Schreiadler – Lebensräume sichern
Der Schreiadler ist in den meisten Bundesländern Deutschlands bereits ausgestorben. Wir stellen unser umfassendes Schutzprogramm vor und ermöglichen jahreszeitlich aktuell per Web-Cam live das Brutgeschäft der Schreiadler zu erleben.
Im Naturpark Feldberger Seenlandschaft (Mecklenburg-Vorpommern) hat die Deutsche Wildtier Stiftung seit 2014 mittlerweile knapp 80 Hektar Acker- und Grünland erworben, um die Nahrungssituation für den Schreiadler, der in dieser Region eines seiner letzten Schwerpunkt-Vorkommen hat, zu verbessern. Die gekauften Agrarflächen werden in Kooperation mit den Landwirten vor Ort so bewirtschaftet, dass sie geeignete Nahrungshabitate für den auch „Pommernadler“ genannten Greifvogel darstellen. So wurden 6,5 Hektar Ackerland, die direkt an einen Brutwald des bedrohten Greifvogels angrenzen, zu Grünland umgewandelt. Ziel ist es, die Zahl der Kleinsäuger, wie z. B. der Mäuse, als Beutetier für den Schreiadler zu erhöhen und seine Jagdmöglichkeiten in der Nähe des Brutwaldes zu verbessern.
Für den Kauf stellten das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und das Land Mecklenburg-Vorpommern Fördermittel zur Verfügung. Weitere Unterstützung kam von Spendern der Deutschen Wildtier Stiftung und der Paul Friedrich und Ursula Schnell Stiftung. In den kommenden Jahren sollen weitere Offenlandflächen erworben werden, um die Nahrungshabitate weiter zu verbessern.
Aktuelles
Um den Schreiadler in Deutschland vor dem Aussterben zu bewahren, hat die Deutsche Wildtier Stiftung von 2010 bis 2016 mit Förderung durch das Bundesumweltministerium und das Land Mecklenburg-Vorpommern erprobt, wie Land- und Forstwirte Rücksicht auf den Schreiadler nehmen können, ohne auf die Bewirtschaftung ihrer Flächen verzichten zu müssen. Dafür wurden sowohl für das Nahrungshabitat im Offenland als auch für den Brutwald mit den Eigentümern und Bewirtschaftern Verträge über Nutzungsänderungen und entsprechende Ausgleichszahlungen vereinbart. Heute werden in den fünf Untersuchungsgebieten im Naturpark Feldberger Seenlandschaft und im Landkreis Rostock insgesamt 149 Hektar Ackerland, 71 Hektar Grünland und 225 Hektar Wald im Sinne des Schreiadlers bewirtschaftet. Ackerkulturen wurden dafür nach der Ernte zum Beispiel für mehrere Jahre in Grünland umgewandelt. Auf diesen Flächen verzichten die Landwirte heute auf chemischen Pflanzenschutz und hohe Düngegaben. Hier leben viele Beutetiere des Schreiadlers und in der niedrigen Vegetation kann er sie erfolgreich jagen und seine Jungen im Sommer satt bekommen.
Die noch als Schreiadler-Lebensraum geeigneten Teile des Brutwaldes wurden im Rahmen des Projektes zu sogenannten „Waldschutzarealen“ zusammengefasst. Je nach Waldtyp werden diese Gebiete kaum oder auch gar nicht forstwirtschaftlich genutzt. Ein Schreiadler-gerechter Umgang der verschiedenen Waldtypen wurde gemeinsam mit der Landesforstanstalt Mecklenburg-Vorpommern erarbeitet. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes wurde unter anderem in zwei Brutgebieten die Dichte von Kleinsäugern erfasst.
Von unserem Projekt können andere profitieren!
Das Ergebnis des Projektes ist ein Modell, das auf alle noch vorhandenen Brutgebiete in Deutschland übertragen werden kann. Dafür haben die Projektpartner auch Vorschläge für eine Schreiadler-gerechte Gestaltung von öffentlichen Förderinstrumenten erarbeitet. Denn der Schutz des Schreiadlers ist nicht allein Aufgabe der betroffenen Land- und Forstwirte. Ihr Einsatz für den Artenschutz soll sie nicht wirtschaftlich benachteiligen – im Gegenteil, die Bewahrung der Artenvielfalt in unserer Kulturlandschaft ist eine zu honorierende Dienstleistung von Landnutzern für die gesamte Gesellschaft. Einen Leitfaden zur Schreiadler-gerechten Förderung und eine kostenlose Broschüre mit Praxisempfehlungen zum Schreiadlerschutz finden Sie unter www.Schreiadler.org.
Das Projekt „Sicherung und Optimierung von Lebensräumen des Schreiadlers in Mecklenburg-Vorpommern“ hat die Deutsche Wildtier Stiftung gemeinsam mit dem Naturpark Feldberger Seenlandschaft und seinem leider verstorbenen Leiter Dr. Peter Wernicke und dem Büro Salix durchgeführt und Ende 2016 erfolgreich abgeschlossen.
Adler-TV: Untersuchungen zum Schreiadler mit der Webcam
Seit dem Frühjahr 2011 unterstützt die Deutsche Wildtier Stiftung ein Schreiadlerprojekt in Lettland, bei dem das Brutgeschehen an zwei Schreiadlerhorsten in Echtzeit auf die Internetseite der Deutschen Wildtier Stiftung übertragen wird. Ziel des Projektes ist, Umfang und Art der Beutetiere, mit denen die Altvögel ihre Küken füttern, zu untersuchen. Im Frühjahr vor der Ankunft der Schreiadler installiert dafür der lettische Schreiadler-Experte und Kooperationspartner der Deutschen Wildtier Stiftung Dr. Uģis Bergmanis an zwei bekannten Horsten je eine versteckte Kamera. Leider ist der Jungvogel in diesem Jahr am 5. Juli 2020 einer Attacke durch einen Habicht zum Opfer gefallen und das Nest nun leer, weshalb wir die Übertragung gestoppt haben. Sie können jedoch einem anderen Schreiadlerpaar in Estland direkt ins Nest schauen.
Wer jetzt auf den Play-Button im folgenden YouTube Video klickt, der kann im eigenen Wohnzimmer Waldbaden, Vogelkonzerten lauschen, einem Adlerweibchen beim Brutgeschäft zusehen und vor allem dem Nestling beim Wachsen und flügge werden.
Die Übertragung ist Teil eines Projektes der Staatlichen Forstverwaltung in Lettland
Den Rückblick auf Adler-TV in den vergangenen Jahre und eine Auswahl der besten Szenen finden Sie hier auf unserer Schreiadler Projektwebsite.
Schutz auf den Zugwegen
Schreiadler sind auf ihrem Zugweg in das südliche Afrika vielen Gefahren ausgesetzt. Als Thermiksegler fliegt der seltene Adler während seines ca. 65-tägigen Zuges nicht über das offene Wasser des Mittelmeers, sondern über den Bosporus und über die Länder des Nahen Ostens. Vor allem in der Türkei, dem Libanon und Syrien droht ziehenden Greifvögeln Gefahr durch Wilderer. Ein abgeschossener Adler gilt als Statussymbol! Die Deutsche Wildtier Stiftung unterstützt daher internationale Bemühungen zum Schutz von ziehenden Vogelarten. Sie analysiert die jagd- und naturschutzrechtliche Situation in relevanten Ländern entlang der Zugroute, sensibilisiert internationale Jagdorganisationen wie den Internationalen Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) für die Problematik der illegalen Jagd auf den Schreiadler und eröffnet und vermittelt Kontakte zum Sekretariat der „Bonner Konvention“ (Übereinkommen zur Erhaltung wandernder wild lebender Tierarten [CMS]) in Bonn und in Abu Dhabi.
Eine große Chance für den Schutz der Schreiadler auf ihren Zugwegen ist aus Sicht der Deutschen Wildtier Stiftung das „Verwaltungsabkommen zur Erhaltung der wandernden Greifvögel in Afrika und Eurasien“ (MoU Greifvögel), dem Deutschland und die Europäische Union im Jahr 2011 beigetreten sind. Wichtigstes Ziel des MoU Greifvögel ist die Koordinierung von Schutzmaßnahmen für Greifvögel in ihrem Verbreitungsgebiet.
Porträt eines Schreiadler-Nestlings
Im Verleih: Fotoausstellung zum Schreiadler
Die Deutsche Wildtier Stiftung verleiht eine hochwertige Fotoausstellung zum Schreiadler. Auf Fotoleinwänden schildert sie mit 29 professionellen Schreiadler-Fotografien ein Jahr im Leben des bedrohten Greifvogels. Die Besucher begegnen ihm bei seiner Rückkehr in die Brutgebiete im April, verfolgen die Jungenaufzucht und das Phänomen des Kainismus und begleiten ihn zurück auf seinem gefahrvollen Zug ins Winterquartier im südlichen Afrika.
Weitere Informationen zur Ausstellung, einen Tourplan und Informationen zur Ausleihe finden Sie unter Wanderausstellungen.
Windenergie als Gefahr für den Schreiadler
Die Zahl der Windenergieanlagen (WEA) ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Neben Fledermäusen sind davon besonders Greifvögel betroffen, die mit den Rotorblättern kollidieren. Leider sind auch bereits zehn Kollisionen des Schreiadlers dokumentiert, davon fünf in Deutschland, von denen ein Vogel überlebte. Zwei der Vögel trugen Ringe und wurden wahrscheinlich nur deshalb gemeldet. Dies unterstreicht den Verdacht einer Dunkelziffer gefundener, aber nicht gemeldeter Vögel.
Vor dem Hintergrund der Seltenheit der Art sprechen die Fundzahlen für ein hohes Kollisionsrisiko. Die Vögel jagen regelmäßig aus bis zu mehreren Hundert Metern Höhe, was die Kollisionsgefahr auch bei neueren Windenergieanlagen verstärkt. Eine Populationsmodellierung in Brandenburg zeigt, dass für den Erhalt kleiner Restpopulationen jedes Individuum einen hohen Wert besitzt. In Mecklenburg-Vorpommern nahm die Reproduktion mit zunehmender Anzahl von Windenergieanlagen ab, im Bereich von 3.000 Metern um die Horste signifikant, aber auch darüber hinaus; vergleichbare Ergebnisse gibt es aus Brandenburg.
Schreiadler meiden die Nähe von Windenergieanlagen vor allem aufgrund der vielen Störungen, die durch den Betrieb der Anlagen entstehen. Windenergieanlagen können somit indirekt zu einem beträchtlichen Verlust des Anteiles an Nahrungsflächen innerhalb des Hauptaktionsraumes führen. Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert daher, Brutplätze des Schreiadlers in einem Umfeld von sechs Kilometern um den Horst vom Ausbau durch Windenergieanlagen zu verschonen.