Rothirsch – im Kreuzfeuer des Menschen
In Deutschland kann der Rothirsch beinahe nirgendwo seiner natürlichen Lebensweise nachgehen. Wir geben ihm eine Stimme.
Zum Teil wird das Rotwild sogar per Gesetz daran gehindert, seinen natürlichen Lebensweisen nachzugeben. Denn der Rothirsch steht seit Jahrhunderten zwischen den Fronten von Jägern, Landwirten und Förstern. Die Deutsche Wildtier Stiftung setzt sich mit politischem Engagement und mit Öffentlichkeitsarbeit für eine Zukunft des Rotwildes ein, bei der Hirsche mehr sind als Waldschädling oder Jagdbeute. Unser Sprachrohr ist dabei unter anderem die Internetplattform www.Rothirsch.org.
Rotwildbezirke: No-Go-Areas für das Rotwild in Deutschland
Rotwild kommt mit Ausnahme der Stadtstaaten Berlin und Bremen in allen Bundesländern vor. Statistisch gesehen beschränkt sich seine Verbreitung aber lediglich auf 25 % der Landesfläche. Ein wesentlicher Grund hierfür sind die sogenannten Rotwildbezirke. Vor allem in den südlichen Bundesländern schreiben sie das Vorkommen von Rotwild in einem Gebiet per Gesetz fest. Außerhalb dieser Gebiete besteht ein zum Teil strenges Abschussgebot. „Reviere außerhalb der Rotwildbezirke sind rotwildfrei zu machen und zu halten“, heißt es in der Ausführungsverordnung des Bayerischen Jagdgesetzes. In Baden-Württemberg, das sich im Großen Landeswappen mit Rothirsch und Hirschstange ziert, darf der Rothirsch nur auf 4 % der Landesfläche existieren. Mit der Online-Petition „Freiheit für den Rothirsch“ kämpfen wir für mehr Lebensraum! Das Positionspapier zur Kampagne erhalten Sie hier.
Zu verdanken haben wir die Rotwildbezirke der Forstwirtschaft: Bei ihrem Streben nach Gewinnmaximierung stört der Rothirsch, denn Rotwild zum Nulltarif gibt es nicht. Doch was für Wolf und Biber selbstverständlich ist, muss auch für wanderndes Rotwild gelten. Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert seit Jahren, die Rotwildbezirke abzuschaffen. Mit Erfolg: „Freiheit für den Rothirsch“ heißt es nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen, sondern seit einigen Jahren auch in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Die Karte der Rotwildverbreitung in Deutschland, die von der Stiftung erstmals im Jahr 2004 herausgegeben und seither ständig aktualisiert wird, zeigt sehr deutlich, wo Rotwild lebt, wo es leben dürfte und wo es per Gesetz ausgerottet werden muss.
Neuigkeiten zum Projekt
Gefragt: Unsere Rotwildsymposien
Seit dem Jahr 2002 finden in einem zweijährigen Rhythmus die Rotwildsymposien der Deutschen Wildtier Stiftung statt. Auf ihnen treffen sich Vertreter der Praxis und der Wissenschaft ebenso wie Entscheidungsträger aus Politik, Ministerien und Verbänden. In angenehmer Atmosphäre diskutieren sie aktuelle jagdpolitische oder -praktische Themen rund um Rot- und anderes Schalenwild. Die Rotwildsymposien sind damit nicht zuletzt auch der inhaltliche Leitfaden des Engagements der Deutschen Wildtier Stiftung rund um den Rothirsch. Mit bis zu 250 Teilnehmern haben sich die Rotwildsymposien der Deutschen Wildtier Stiftung zu der deutschlandweit wichtigsten Plattform für den Dialog rund um Rotwild entwickelt. Der im Anschluss an das Symposium erarbeitete Tagungsband trägt die Inhalte der Tagungen weit über den Teilnehmerkreis hinaus.
Jagdethik, Hegegemeinschaften und Jagdstrategie
Die Rotwildsymposien der vergangenen Jahre behandelten die Themen Jagdethik, Hegegemeinschaften, Wald und Wild sowie Jagdstrategien. Im Kern aller Symposien ging es um das Ziel, die Konflikte rund um das Rotwild zu lösen und gleichzeitig die Lebensbedingungen der Art zu verbessern. Dies ist jedoch nicht allein Aufgabe der Jagd, sondern eine gemeinsame Verantwortung von Grundeigentümern, den Land- und Forstwirten, Naturschützern sowie den die Landschaft für Freizeitaktivitäten nutzenden Menschen. Aus Sicht der Deutschen Wildtier Stiftung müssten sich dafür die existierenden Hegegemeinschaften von Abschussgemeinschaften zu Wildschutz- und -nutzgemeinschaften weiter entwickeln. Mit Blick auf die Jagdpraxis hat die Deutsche Wildtier Stiftung bereits 2008 drei zentrale Forderungen aufgestellt:
- Die Jagdzeit auf Rotwild verkürzen!
- Das Nachtjagdverbot einhalten!
- Wildruhezonen einrichten!
Damit die Ergebnisse der Rotwildsymposien Eingang in die Jagdpraxis bzw. die Gesetzgebung finden, verteilt die Deutsche Wildtier Stiftung die Tagungsbände und Positionspapiere der Symposien unter anderem an die Landwirtschaftsminister der Länder und an die Spitzenvertreter der betroffenen Verbände. Durch Medienarbeit, Fachpublikationen, den Verkauf der Tagungsbände und den Verleih der Publikationen durch Fachbibliotheken erreichen die Inhalte der Symposien deutschlandweit viele zehntausend Entscheider. Und mit einem langem Atem lässt sich einiges erreichen: Wildruhezonen sind in vielen Forstverwaltungen mittlerweile ein normales Instrument zum Wildtiermanagement und viele Landespolitiker haben den positiven Effekt kürzerer Jagdzeiten und starker Hegegemeinschaften erkannt.
Ausführliche Berichte über die bisher neun Rotwildsymposien der Deutschen Wildtier Stiftung, unsere Positionspapiere und Hinweise zu den Tagungsbänden finden Sie hier.
Sehenswert: Wanderausstellung zum Rotwild
Hätten Sie gewusst, dass ältere Rothirsche im April „oben ohne“ sind, während die meisten jungen Hirsche noch immer ihr vorjähriges Geweih tragen? Oder können Sie sich vorstellen, dass Rotwild, das durch Wanderer oder Skifahrer im Winter gestört wird, bis zu 30 % mehr Energie benötigt? Oder dass die Tiere, deren Biologie auf weiträumige Wanderungen ausgelegt ist, in vielen Bundesländern nur in staatlich ausgewiesenen Rotwildbezirken leben dürfen, außerhalb derer sie per Gesetz ausgerottet werden müssen? Mit der Wanderausstellung „Rotwild in Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern“ bietet die Deutsche Wildtier Stiftung überraschende Informationen rund um unser größtes heimisches Säugetier.
Leider glauben auch heute noch viele Menschen, dass das Reh die Frau vom Hirsch sei. Auf der anderen Seite werden die Konflikte, die es durch Frass-Schäden mit Rotwild gibt, häufig erst durch das Fehlverhalten von Jägern und Förstern verursacht. Die Wanderausstellung zum Rotwild ist daher für Familien und Naturfreunde wie für Fachleute gleichermaßen interessant. Sie enthält Fakten über Biologie, Verhalten und Verbreitung des Rotwildes aber auch Empfehlungen, um Konflikte zwischen Landnutzern und Rotwild zu vermeiden.
Informationen zur Ausleihe finden Sie hier.
Gut Klepelshagen und das Tal der Hirsche
Leben und Wirtschaften mit der Natur – das ist die Philosophie von Gut Klepelshagen, dem Schaufenster der Deutschen Wildtier Stiftung. Im Südosten Mecklenburg-Vorpommerns verknüpfen Land- und Forstwirtschaft und der Jagdbetrieb ökonomische Ziele mit den Ansprüchen von Wildtieren. In Sachen Rotwild bedeutet dies auf der einen Seite große Ruheräume und lange Schonzeiten, auf der anderen Seite aber auch hohe Jagdstrecken.
Das Gut Klepelshagen bildet einen Eigenjagdbezirk von über 2.000 Hektar und gehört zur Hegegemeinschaft „Rothemühl“, die die Verantwortung für Rot- und Damwild, Schwarz- und Rehwild auf einer Fläche von ca. 25.000 Hektar trägt. Die Jagd wird in Klepelshagen effizient, störungsarm und zielgerichtet ausgeübt. Im Tal der Hirsche, dem landwirtschaftlich genutzten Kernbereich der Gutsflächen, der hufeisenförmig von Wald umgeben ist, herrscht auf rund 300 Hektar Offenland eine ganzjährige Jagdruhe. Alles Schalenwild hat schnell erkannt, dass es sich hier sicher fühlen kann. Die Jagdzeit auf wiederkäuendes Schalenwild endet freiwillig bereits am 31. Dezember und die Nachtjagd wird in Klepelshagen nur auf Schwarzwild ausgeübt. Das Jagdgesetz von Mecklenburg-Vorpommern ließe – leider – auch die Bejagung von Rotwild zur Nachtzeit zu.
Durch Einzeljagd vor allem im umliegenden Offenland, mehrfache gemeinsame Ansitze und wenige Bewegungsjagden mit rund 20 Schützen werden jedes Jahr rund 50 Stück Rotwild, 120 Stück Rehwild und zwischen 100 und 150 Stück Schwarzwild erlegt. Wie die Nutztiere vom Gut wird auch das Wild in der Gourmet Manufaktur Gut Klepelshagen verarbeitet.