Rotmilan – Land zum Leben
Ein Verbundprojekt für den Rotmilan
Der elegante Rotmilan ist ein ganz besonderer Vogel. Er hat ein kleines Verbreitungsgebiet und kommt fast ausschließlich auf dem Europäischen Kontinent vor. Insgesamt geht man von einer Gesamtpopulation von 25.200 - 33.400 Brutpaaren aus. In Deutschland brüten 14.000 -16.000 Paare, damit beträgt der deutsche Anteil an der Weltpopulation über 50 %, was bei keiner anderen Vogelart vorkommt. Aus diesem Grund wird der stolze Greif auch Deutschlands heimlicher Wappenvogel genannt und damit trägt Deutschland eine besonders hohe Verantwortung für ihn!
Seine Bestandsentwicklung in den letzten 20 Jahren gibt jedoch Grund zur Sorge, denn die Anzahl der bei uns brütenden Paare hat seit den frühen 1990er Jahren bis heute deutlich abgenommen. Von 1988 bis 2016 war im Mittel ein Rückgang des gesamtdeutschen Bestands von 16,5 % zu verzeichnen. Monitoring-Daten zeigen allerdings, dass es deutliche regionale bzw. naturräumliche Unterschiede bei der Bestandsentwicklung gibt. So hat sich der Gesamtbestand in den letzten 12 Jahren deutlich stabilisiert. Vor allem in den Mittelgebirgsregionen und im Südwesten Deutschlands gab es positive Bestandsentwicklungen. Die Bestände im Norddeutschen Tiefland hingegen zeigen weiterhin Rückgänge und liegen deutlich unter dem Niveau der 1990er Jahre. Die Gründe für den Bestandsrückgang werden in der veränderten Landwirtschaft vermutet.
Rotmilane brüten überwiegend in Wäldern, Feldgehölzen und Baumreihen, suchen ihre Nahrung aber vor allem im Offenland und der genutzten Agrarlandschaft. Abwechslungsreiches Acker und Grünland verschwindet durch die Intensivierung der Landwirtschaft jedoch zunehmend und damit der Lebensraum für den Rotmilan und zahlreiche andere Wildtiere. Große, monotone und stark gedüngte Felder bieten den Tieren keine Nahrungsgrundlage. Auf den hoch und dicht wachsenden Mais- und Rapsfeldern gelangen Rotmilane – gerade während der wichtigen Zeit der Jungenaufzucht – nicht an ihre Beutetiere heran. Es findet eine regelrechte Versiegelung der Felder statt.
Dieser Problematik nahm sich das Projekt Land zum Leben an: Die Landschaft sollte wieder rotmilanfreundlicher werden. Durch individuelle Beratung von Landnutzern zu Schutzmaßnahmen auf Äckern, Wiesen, Weiden und Wäldern konnte mehr Lebensraum für diesen wunderschönen Vogel geschaffen werden!
Über das Projekt – Mehr Land zum Leben
Das Projekt Rotmilan – Land zum Leben war ein bundesweites Vorhaben zum Erhalt des Rotmilans und zur Verbesserung seiner Lebensbedingungen. In neun Modellregionen in sieben Bundesländern berieten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Land- und Forstwirtschaft sowie kommunale Partner zu rotmilanfreundlicher Landnutzung und informierten über die Bedürfnisse dieses ganz besonderen Vogels. Der Deutsche Verband für Landschaftspflege e.V. (DVL) koordinierte das Gesamtprojekt. Die Wissenschaftler des Dachverbands Deutscher Avifaunisten e.V. (DDA) untersuchten die Wirksamkeit der durchgeführten Maßnahmen zum Schutz der Art. Die Deutsche Wildtier Stiftung war für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Sie hat während der Projektlaufzeit eine vielbeachtete Wanderausstellung zum Rotmilan entwickelt und mit drei Bildungskoffern die Faszination für diesen Greifvogel geweckt. Die Website www.rotmilan.org, bundesweite Pressearbeit sowie das Erstellen von Broschüren, Ratgebern und Flyern rundeten die Kommunikationsarbeit zum Verbundprojekt Rotmilan ab. Das Bundesumweltministerium förderte das Projekt mit 5,6 Mio. Euro aus dem Bundesprogramm Biologische Vielfalt.
Hauptziele des Projekts waren die Nahrungsverfügbarkeit für die Greifvögel auf landwirtschaftlichen Flächen und die Brutbedingungen in Wäldern und Gehölzen zu verbessern. Im Zuge der weiteren Intensivierung der Landwirtschaft hat besonders der Rotmilan Probleme, ausreichend Nachwuchs groß zu ziehen, weil wichtige Flächen wie Grünland und Brachen für die Nahrungssuche fehlen. Darüber hinaus setzen den Vögeln Fressfeinde während der Brutzeit zu.
Um Rotmilanen in intensiv genutzten Agrarlandschaften ein stabiles Nahrungsangebot und eine gute Nahrungsverfügbarkeit zu gewährleisten, ist eine Vielfalt aus unterschiedlichen Kulturen, der Anbau von mehrjährigem Feldfutter und die extensive Bewirtschaftung von Grünland essentiell. Unterschiedliche Mahdzeitpunkte auf den Wiesen sorgen für ein konstantes Nahrungsangebot während der Brutzeit. Auch die Anlage von mehrjährigen Brachen, Hecken und Blühstreifen als Refugien für Kleinsäuger und Feldvögel, den wichtigsten Beutetieren des Rotmilans, sind von großer Bedeutung. Die meisten dieser genannten Maßnahmen können über Agrarumweltprogramme der Bundesländer gefördert werden und/oder sind für das Greening, die verpflichtende Bereitstellung naturnaher Kulturen durch landwirtschaftliche Betriebe, anrechenbar. Rotmilanfreundliche Landwirtschaft bedeutet also keinen Einkommensverlust für Landwirtinnen und Landwirte!
Ergebnisse aus sechs Projektjahren
In neun Projektregionen in sieben Bundesländern wurden Land- und Forstwirtschaftsbetriebe, Kommunen und Fachbehörden in rund 4.000 Gesprächen zu Maßnahmen beraten, die den Rotmilan unterstützen und aus agrarumweltpolitischen Maßnahmen finanziert werden können. Die persönliche Beratung sowie eine vertrauensvolle und langfristige Zusammenarbeit zwischen Beratenden und Landnutzenden waren ein wichtiges Instrument für die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen in der Agrarlandschaft.
Rund 13.000 Hektar Nahrungsflächen wurden pro Jahr in den Projektregionen rotmilanfreundlich bewirtschaftet. Zum Schutz der Nestbäume und Bruthabitate wurden rund 1.300 Maßnahmen umgesetzt, u.a. die Anbringung von Baum-Manschetten und die Einrichtung von Nestschutzzonen. Dass es gelingen kann, mit geeigneten Maßnahmen den Rotmilan in intensiv genutzten Agrarlandschaften zu fördern, hat der DDA mit modernsten Techniken der Feldforschung evaluiert und nachgewiesen. Die Maßnahmenflächen wurden von den Rotmilanen zur Nahrungssuche bevorzugt. Mahdflächen auf Grünland und Feldfutter erhöhten sogar den Bruterfolg. Vergrößert man den Anteil von mehrjährigen Brachen, Blühflächen und Randstrukturen von 0 auf 3 % im 2 km Nestradius, steigt die Wahrscheinlichkeit für zwei oder mehr flügge Jungvögel um 10 %. Um positive Effekte für den Bestand zu erreichen, müssen die Maßnahmen allerdings großflächig auf einem Anteil von mindestens 10 % um das Nest umgesetzt werden.
Ausführlichere Informationen auf www.rotmilan.org
Broschüre zum Verbundprojekt Rotmilan – Land zum Leben und Tagungsband der Abschlussveranstaltung als PDF Download
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Broschüre: Rotmilan – Land zum Leben
Diese 19-seitige Broschüre informiert über das Verbundprojekt Rotmilan – Land zum Leben, sowie über die Lebensweise und die Bedrohung des heimlichen Wappenvogel Deutschlands – den Rotmilan.
Autor: Deutsche Wildtier Stiftung
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Tagungsband der Abschlussveranstaltung
In diesem über 90-seitigen Tagungsband finden Sie eine Zusammenfassung der Ergebnisse aus dem Verbundprojekt "Rotmilan – Land zum Leben". Experten aus dem Verbundprojekt haben hier Artikel zum Abschluss des Projekts veröffentlicht, in denen sie neue Erkenntnisse und Impressionen über die Lebensweise sowie zur Bedrohung des Rotmilans beschreiben. Die Abschlussveranstaltung fand am 22.10.2019 in Berlin statt.
Autor: Deutsche Wildtier Stiftung
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Exkurs: Der Rotmilan im Konflikt mit der Windenergie
Der Rotmilan führt – zusammen mit dem weitaus häufigeren Mäusebussard – die Liste der durch Windenergieanlagen getöteten Vögel an. In Brandenburg haben die Rotmilan-Verluste durch die Kollisionen mit Windkrafträdern schon populationsgefährdende Ausmaße erreicht. Schätzungen gehen von mehr als 300 Rotmilanen aus, die jährlich von Windenergieanlagen getötet werden. Aus diesem Grund ist der Rotmilan zu einem Symbol für den Konflikt zwischen Erneuerbaren Energien und Artenschutz geworden. Er ist regelmäßig Gegenstand von artenschutzrechtlichen Gutachten und Gerichtsverfahren. Dabei gibt es, was den Bau von Erneuerbaren Energien angeht, durchaus klare Empfehlungen: Die Vogelschutzwarten der Länder empfehlen aktuell einen Mindestabstand von 1500 m zwischen einem Rotmilannest und der nächstgelegenen Windkraftanlage, um das Verletzungs- und Todesrisiko der Greife zu minimieren. Erwachsene Vögel verunglücken häufiger als Jungvögel und das besonders oft zur Brutzeit, in der der Bedarf an Nahrung besonders hoch ist. Tragisch: Der Tod eines Elterntieres hat meist auch den Verlust der kompletten Brut zur Folge. Aufgrund der Brachflächen am Fuß der Anlagen sind Windparks paradoxerweise attraktiv für die Nahrungssuche der Vögel, denn hier ist die Vegetation niedrig und Beutetiere sind gut sichtbar. Die Rotoren der Anlagen werden dabei von den Rotmilanen offenbar nicht als Gefahr wahrgenommen. Auch der Schreiadler ist von einem Ausbau der Windenergie in seinem Lebensraum gefährdet. Die Deutsche Wildtier Stiftung ist darum gegen ein Ausbau von Windkraft im Wald. Sie engagiert sich für eine naturverträgliche Energiewende und für Erneuerbare Energieträger, die nicht zu Lasten einheimischer Wildtiere gehen.