Schweinswal – unser einziger Wal in Seenot
Menschliche Einflüsse wie Überfischung, Schiffs- und Baulärm sowie die Stellnetzfischerei bedrohen die Existenz des Meeressäugers
Der Gewöhnliche Schweinswal (Phocoena phocoena) ist unsere einzige heimische Walart. In Deutschland bevorzugt er die flachen Küstengewässer in der Nord- und Ostsee. Hier findet er Nahrung und zieht seine Jungen groß. Aber an unseren Küsten ist der Meeressäuger nicht mehr sicher. Zu den größten Gefahren zählen Fischernetze, in denen sich die Tiere verfangen – besonders Jungtiere sind betroffen. Die Schweinswale verletzen sich oder ersticken, weil sie nicht mehr zum Atmen auftauchen können.
Der Schweinswal wird auf Deutschlands Roter Liste als „stark gefährdet“ geführt und ist daher durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie Anhang II und IV) streng geschützt. Dennoch geht es dem Schweinswal immer schlechter. Denn sein Lebensraum ist stark durch menschliche Nutzung beeinflusst. Schweinswale kommen vor allem in Küstennähe vor, wo es sehr große Überschneidungen ihres Lebensraumes mit menschlichen Aktivitäten gibt, die den kleinen Wal bedrohen. Lärm, Konkurrenz um Beutefisch und unbeabsichtigte Beifänge in der Stellnetzfischerei machen ihnen das Leben schwer.
Gefahr unter Wasser
Die Gründe für Beifänge in Stellnetzen sind bislang noch nicht ausreichend untersucht. Es wird jedoch angenommen, dass die Wale die nahezu unsichtbaren Netze weder optisch noch akustisch wahrnehmen können oder die Netze durch fehlende Aufmerksamkeit schlicht übersehen. Es konnte bereits in einigen Untersuchungen gezeigt werden, dass Schweinswale Gebiete mit Stellnetzen nicht meiden. Dies kann als Nachweis gewertet werden, dass die Wale die Stellnetze auf größere Entfernung nicht als Gefahrenquelle erkennen. Schweinswale machen sich mittels Echoortung ein Bild ihrer Umgebung und könnten die vergleichsweise schwachen Echos, die von den Netzen empfangen werden, als ungefährlich oder sogar durchdringbar auffassen. Grundsätzlich sind sie offenbar in der Lage, Netze in näherer Distanz von drei bis 26 Metern zu erkennen. Zappeln aber bereits Beutefische im Netz, könnte deren Rückhall die schwachen Echos der Netze übertönen, sodass die feinen Maschen nicht mehr als Gefährdung erkannt werden. Insbesondere junge, unerfahrene Schweinswale sind häufig Beifang in Stellnetzen.
Aktuelles
Lebensraumnutzung des Schweinswals in der Eckernförder Bucht
Um effektive Maßnahmen zum Schutz des Schweinswals zu entwickeln, ist es zunächst wichtig, die Lebensraumnutzung von Schweinswalen zu untersuchen. Im westlichen Teil der deutschen Ostsee führt das Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) seit einem Jahr ein akustisches Monitoring mittels Schweinswal-Detektoren (CPOD) durch, das jedoch im Bereich der Eckernförder Bucht eine Lücke aufweist. Im Rahmen des Forschungsvorhabens soll eine Monitoring-Station in der Eckernförder Bucht ausgebracht werden, die diese Lücke sinnvoll schließen kann. Denn das Gebiet der Eckernförder Bucht ist geprägt von starker menschlicher Nutzung, die ein hohes Störungspotenzial für die Schweinswale bedeutet. So haben die Stellnetzfischerei, ein hohes Schifffahrtsaufkommen und militärische Aktivitäten (Unterwassersprengungen) in der engen Bucht einen negativen Einfluss auf den Meeressäuger. In der Eckernförder Bucht werden in der Stellnetzfischerei akustische Warngeräte (PALs) eingesetzt. Diese erzeugen künstliche Schweinswalklicks, die die Wale vor den Netzen warnen sollen. Bislang wurde nur untersucht, welchen Effekt die PALs auf den Beifang haben, und die Ergebnisse sind bislang nicht eindeutig. Die PALs mit künstlichen Schweinswalklicks können den Beifang reduzieren, aber es bleiben dennoch Tiere in den Netzen hängen. Wie Schweinswale im Detail auf die PALs reagieren wurde bislang nicht untersucht, sodass Effekte auf die Lebensraumnutzung nicht abschließend beurteilt werden können. Mithilfe des Monitorings soll diese Datenlücke geschlossen werden.
Das Projekt wird vom Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover durchgeführt und von der Deutschen Wildtier Stiftung gefördert. Die im Projekt gewonnenen Daten werden dem Ostsee-Info-Center zur Verfügung gestellt.