Windenergie und Artenschutz
Keine Windenergieanlagen im Wald
Der Ausbau der Windenergie in Deutschland schreitet voran. Im Jahr 2020 waren an Land und auf See rund 31.000 Windenergieanlagen installiert. Vielerorts gefährdet der Ausbau von Windenergie die Ziele des Natur- und Artenschutzes, zu denen sich Deutschland mit der „Strategie zur Biologischen Vielfalt“ verpflichtet hat. Daher sind eine sorgfältige Prüfung potenzieller Standorte und die umfassende Abwägung aller naturschutzfachlichen Belange notwendig, bevor Windparks errichtet werden.
Mit der Öffnung des Waldes als Standort für Windenergieanlagen (WEA) werden die Ausbaupotenziale zwar beträchtlich erweitert, zugleich verschärfen sich aber die Konflikte zwischen der Windenergie und dem Natur- und Artenschutz. Denn Wälder haben einen hohen ökologischen Wert und werden durch den Bau und Betrieb von Windenergieanlagen langfristig in ihrer Funktion als Lebensräume für Wildtiere beeinträchtigt.
Mittlerweile wurden rund 2.000 Windenergieanlagen im Wald errichtet. Besonders brisant ist die Situation in Hessen (bereits über 430 WEA im Wald) und Rheinland-Pfalz (bereits über 450 WEA im Wald). Bundesweit wird seit 2015 in etwa jede fünfte WEA im Wald errichtet.
Neuigkeiten zu unserem energiepolitischem Engagement
Nach den Plänen der Bundesregierung und vieler Bundesländer soll der Ausbau der Windenergie in den nächsten Jahren mit allen Mitteln intensiviert werden. Im Rahmen eines im Juli 2019 veröffentlichten Aktionsplans des Bundesverbandes Windenergie wurde eine Vielzahl von Maßnahmen genannt, mit deren Hilfe der bestehende Genehmigungsstau aufzulösen sei. Diesem politischen Druck folgend hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Oktober 2019 eine Aufgabenliste zur Stärkung des Ausbaus der Windenergie an Land veröffentlicht, darunter einige Vorschläge zur Beschleunigung von behördlichen und gerichtlichen Vorgängen. Der Artenschutz wird massiv als Hemmnis für Genehmigungserteilungen und verzögerte Verfahren verantwortlich gemacht.
Waldgebiete sind insbesondere für Fledermäuse und verschiedene Vogelarten sowie für empfindlich auf Störungen reagierende Wildtiere wie Wildkatzen oder Rothirsche wichtige Lebensräume. Alle in Deutschland heimischen Fledermäuse stehen auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten. Wenn Windenergieanlagen in Waldgebieten errichtet werden, wird hektarweise Waldfläche für den Standort der Anlage und für den Bau zusätzlicher Zufahrtswege, die auch später erforderliche Wartungsarbeiten ermöglichen, gerodet. Neben dem direkten Waldverlust kommt es durch Zerschneidungseffekte zu einer Verschlechterung der gesamten Habitatqualität. Problematisch sind auch touristische Folgenutzungen der neu gebauten Zufahrtswege zu den WEA und die damit verbundenen Störungen.
Studie: Windenergie im Lebensraum Wald
Für die Deutsche Wildtier Stiftung hat der renommierte Biologe Dr. Klaus Richarz 2014 und 2016 umfangreiche Studien verfasst. Sie beschreiben das Gefährdungspotenzial waldgebundener Arten durch den Bau und den Betrieb von Windkraftanlagen. Sie stellen die Bedeutung der Wälder für die Erhaltung der biologischen Vielfalt vor und zeigen auf, dass ein weiterer Ausbau von Windenergieanlagen vor allem im Wald einen Eingriff in eine Tabuzone darstellt und nur in Ausnahmefällen naturschutzfachlich und -rechtlich vertretbar wäre.
9 Forderungen der Deutschen Wildtier Stiftung zur Berücksichtigung des Arten- und Naturschutzes bei der Nutzung der Windkraft
Wälder und Waldränder sind unverzichtbare Lebensräume für Wildtiere in unserer ohnehin intensiv genutzten Kulturlandschaft. Sie sind aus Gründen des Arten- und Naturschutzes frei von Windenergieanlagen zu halten.
In Nationalparks, Naturschutzgebieten, Kernzonen von Biosphärenreservaten, gesetzlich geschützten Biotopen, Natura 2000 und IBA Gebieten sind keine Windenergieanlagen zu bauen. In diesen Schutzgebieten und deren Pufferzonen muss der Artenschutz Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben.
Die im „Helgoländer Papier“ veröffentlichten aktuellen Empfehlungen der Staatlichen Vogelschutzwarten zu Abstandsregelungen zwischen Brutplätzen sowie anderen bedeutsamen Vogellebensräumen und Windenergieanlagen müssen in ganz Deutschland konsequent beachtet und einheitlich umgesetzt werden.
Die Brutstandorte u.a. von Greifvögeln, Störchen oder Kranichen müssen langfristig und länderübergreifend einheitlich geschützt werden. Wurden Horstbäume mutwillig zerstört, muss der Brutbereich auf der Grundlage des Helgoländer Papieres trotzdem dauerhaft eine Tabuzone für Windenergieanlagen bleiben.
In allen bestehenden Windparken sind Maßnahmen zur Reduktion von Vogelkollisionen und Fledermausverlusten umzusetzen. Kumulative Auswirkungen von neuen Windenergieanlagen in Regionen mit bereits hoher Windparkdichte auf Vögel und Fledermäuse müssen bei Planung und Genehmigung berücksichtigt werden.
Die Betreiber von Windenergieanlagen müssen sicherstellen, dass naturschutzfachliche Ziele der Windenergienutzung nicht entgegenstehen. Es gilt das Vorsorgeprinzip: Im Zweifel für den Natur- und Artenschutz. Ein bau- und betriebsbegleitendes Monitoring muss für den Anlagenbetreiber verpflichtend sein.
Das grundsätzlich bestehende Verbot des Bauens im Außenbereich ist für Windenergieanlagen durch den § 35 Baugesetzbuch durchbrochen worden. Dieses Privileg für den Bau von Windenergieanlagen ist abzuschaffen.
Nach § 44 Bundesnaturschutzgesetz ist es u.a. verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten. Für Windkraftanlagen sind keine Ausnahmegenehmigungen vom Tötungsverbot mehr zu erteilen.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine bundesweit gültige Verwaltungsvorschrift „TA Wind“ vorzulegen. In dieser technischen Anleitung zum Bau und Betrieb von Windenergieanlagen sind bundesweit einheitliche Standards zur Berücksichtigung des Arten- und Naturschutzes festzulegen.
Unsere Projektregionen
Nordrhein-Westfalen
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Windpark „Dahlem IV“
Das in der Eifel gelegene Waldgebiet „Kammerwald“ ist nicht nur ein Landschaftsschutzgebiet, sondern darüber hinaus auch Heimat für zahlreiche geschützte Arten. Insbesondere seltene Großvögel, die durch Windenergieanlagen besonders gefährdet sind, haben in diesem Waldgebiet noch einen Rückzugsort. Jedoch stehen in Teilbereichen des Waldes bereits erste Windräder. Eigentlich sollten 2020 noch fünf weitere Anlagen errichtet werden. Dass es dazu nicht gekommen ist, ist dem Naturschutzrecht zu verdanken und dem Mut, dieses in der Not auch einzuklagen.
Vorkommen geschützter Arten
Hervorzuheben sind die zahlreichen, in den alten Waldbereichen vorkommenden Fledermausarten, die erheblich von einer Rodung betroffen wären. Gerade alte Baumbestände sind wichtige Lebensräume, da insbesondere dort Fledermäuse geeignete Baumhöhlen für ihre Quartiere finden können.
Für den Lebensraum der seltenen Schwarzstörche, die äußerst sensibel auf Störungen reagieren und für ihre Brutstätten große, geschlossene Waldgebiete benötigen, wäre ein Eingriff in diesen Wald mit folgenschweren Auswirkungen verbunden. Auch bei der Jagd nach Beutetieren in der näheren Umgebung würden die Schwarzstörche durch die neuen Windenergieanlagen gefährdet. In ganz Nordrhein-Westfalen wird der Schwarzstorchbestand auf nur noch rund 60 Brutpaare geschätzt.
Des Weiteren sind Rotmilane aufgrund ihres Flugverhaltens weit überdurchschnittlich durch Windenergieanlagen gefährdet. Weniger als 1.000 Meter liegen zwischen den geplanten Anlagen und einem im Jahr 2019 mit zwei Jungvögeln erfolgreich bebrüteten Horst. In einer derartigen Nähe zu Brutplätzen dürfte in Nordrhein-Westfalen bislang kein Windpark genehmigt worden sein. Dies würde auch den Empfehlungen der staatlichen Vogelwarten im sogenannten „Helgoländer Papier“ zu Abständen zwischen Brutplatz und Windenergieanlagen eklatant widersprechen.
Neben der Gefährdung im Luftraum darf nicht außer Acht gelassen werden, dass durch den Bau der Windenergieanlagen auch in die Lebensräume weiterer seltener Tierarten eingegriffen wird. Darüber hinaus beeinträchtigen die für die Wartung und Instandhaltung notwendigen Erschießungswege den Naturraum Wald.Genehmigungsverfahren
Dieses Vorhaben ist ein seltener Sonderfall hinsichtlich seiner Genehmigung und des Bauablaufes. Nach Errichtung von drei Türmen, aber vor Installation des Generators und der Rotorblätter wurde der Bau im Sommer 2017 gestoppt. Eine erfolgreiche Klage vor Gericht aufgrund erheblicher artenschutzrechtlicher Verstöße innerhalb des Genehmigungsverfahrens hat zu diesem Stillstand geführt. Denn insbesondere Rotmilane wären an dem Standort einer erhöhten Gefahr durch die Rotoren ausgesetzt.Nach einer erneuten Antragstellung seitens des Projektentwicklers auf Basis erweiterter Artenschutzgutachten hat der Kreis Euskirchen Anfang 2020 den Weiterbau genehmigt. Nach Einschätzung des Umweltverbandes Naturschutzinitiative e.V. (NI) und des Naturschutzbund (NABU), Kreisverband Euskirchen, der 2017 die Klage eingereicht hatte, wäre eine signifikante Gefährdung von seltenen Großvögeln weiterhin gegeben und somit ein Windpark an diesem Ort nicht mit dem Artenschutzrecht vereinbar. Des Weiteren war in der artenschutzfachlichen Bewertung die Untersuchungstiefe, insbesondere bei den diversen Fledermausarten, unzureichend. Daraufhin hat die NI einen Antrag beim Verwaltungsgericht Aachen zur Aufhebung des Sofortvollzugs des Genehmigungsbescheides gestellt. Die Deutsche Wildtier Stiftung hat zusammen mit dem NABU Kreisverband die NI dabei unterstützt. Dem Antrag hat das Gericht am 18.12.2020 stattgegeben, indem die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Genehmigung festgestellt wurde.
Auszug aus der Begründung des Gerichts
„Mit Blick auf den Rotmilan ist nach summarischer Prüfung von einem Verstoß gegen das Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BnatSchG auszugehen. Dieser bundesrechtliche Verbotstatbestand ist nach ständiger ober- und höchstrichterlicher Rechtsprechung zudem individuenbezogen, vgl. zuletzt nur OVG NRW, Beschluss vom 20. November 2020 – 8 A 4256/19 -, juris, Rn. 63, und als solcher einer populationsbezogenen Relativierung grundsätzlich unzugänglich. Dies ergibt sich nunmehr auch aus dem insofern klaren Wortlaut des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BnatSchG, wonach das Tötungsrisiko für Exemplare dieser Arten (nicht: die betroffene Art insgesamt bzw. die lokale Population) nicht signifikant erhöht werden darf.“Foto: Windpark Dahlem IV im Aufbau; Archiv Naturschutzinitiative e.V.
Mecklenburg-Vorpommern
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Die Friedländer Große Wiese
Die Friedländer Große Wiese (FGW) im Osten Mecklenburg-Vorpommerns ist durch den geplanten Bau von Windenergieanlagen akut bedroht. Das große Niedermoorgebiet am Galenbecker See ist ein einzigartiger Lebensraum für die Vogelwelt, darunter viele gefährdete Arten. Das Gebiet ist auch von internationaler Bedeutung für den jährlichen Vogelzug. Seit 2015 setzen sich die Deutsche Wildtier Stiftung und der Naturschutzbund Mecklenburg-Vorpommern (NABU MV) gemeinsam mit vielen engagierten Bürgern für den Erhalt dieses Gebietes ein. Entgegen aller naturschutzfachlichen Bedenken soll der Bau von Windenergieanlagen ermöglicht werden.
Friedländer Große Wiese im Winter (Foto: M. Tetzlaff, Deutsche Wildtier Stiftung)
Das Gebiet
Die FGW ist als größtes zusammenhängendes Niedermoor Norddeutschlands ein international bedeutender Vogellebensraum von hohem naturschutzfachlichem Wert. Auch wenn die Flächen schon seit Jahrhunderten großräumig trockengelegt wurden, bilden sie ein wertvolles Mosaik aus Acker und Grünland sowie kleinen Feldgehölzen. Von 2001 bis 2007 wurden umfangreiche Maßnahmen zur Renaturierung des Galenbecker Sees durchgeführt. Und es gibt nach wie vor Überlegungen, weite Flächen der Friedländer Großen Wiese wieder zu vernässen. Die gesamte Region ist als Rast- und Überwinterungsgebiet für Zugvögel und als Brutgebiet für zahlreiche Wat- und Wasservogelarten von hohem Wert. Dies kommt auch im Zusammenspiel der verschiedenen Schutzgebiete zum Ausdruck, die sich zum Teil überlappen. Die FGW ist in seiner Gesamtfläche fast vollständig ein sogenanntes „Important Bird Area“, ein IBA-Gebiet, das unter der Nummer DE 054 und dem Namen „Putzarer See, Galenbecker See, Brohmer Berge“ geführt wird. Teile dieses Gebietes sind Naturschutzgebiete, ein EU-Vogelschutzgebiet und Schutzgebiete gemäß der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) der EU:
Naturschutzgebiete (NSG) nach Bundesnaturschutzgesetz
a) NSG 049 „Galenbecker See“ (1.885 ha)
b) NSG 069 „Putzarer See“ (457 ha)Schutzgebiet nach der EU-Vogelschutzrichtlinie (SPA)
a) DE 2347-401 „Großes Landgrabental, Galenbecker und Putzarer See“ (14.203 ha)Schutzgebiete nach der Flora-Fauna-Habitat Richtlinie der EU (FFH)
a) DE 2348-301 „Galenbecker See“(1.856 ha)
b) DE 2248-301 „Putzarer See“ (516 ha)Die Arten
Die Deutsche Wildtier Stiftung hat in den vergangenen Jahren die gesamte Vogelwelt des Gebiets dokumentiert und die Daten wissenschaftlich ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen sehr deutlich, dass das große Artenspektrum mit einer Vielzahl streng geschützter, teils windkraftsensibler Vogelarten einen enormen naturschutzrechtlichen Konflikt zu den geplanten Windenergieanlagen darstellt.
Die gesamte Region um den Galenbecker See mit den angrenzenden Vernässungszonen und dem umliegenden Grünland ist ein idealer Lebensraum für zahlreiche Wat- und Wasservögel. Die FGW wird von vielen Arten als Bruthabitat und zur Nahrungssuche genutzt. Bestimmte Bereiche werden dabei bevorzugt, sodass sich die häufig frequentierten Flugrouten über das gesamte Gebiet ziehen.
Eine Vielzahl von Greifvögeln nutzt die FGW nicht nur als Brutgebiet, sondern insbesondere im Winter als Nahrungsraum. Häufig sind die windkraftsensiblen Arten Mäusebussard, Rotmilan, Kornweihe und Raufußbussard zu beobachten. In näherer Umgebung kommen auch Seeadler, Schreiadler sowie Eulenarten wie die Sumpfohreule vor.
Während des Vogelzugs wird die Fläche als Rastgebiet von Tausenden Kranichen, nordischen Gänsen, Schwänen und Enten besonders tagsüber zur Nahrungssuche genutzt. Auch große Trupps von Kiebitz und Großem Brachvogel sind im Frühling und Herbst auf dem Grünland zu beobachten.Abb.: Beziehungen zwischen den Schlafplätzen Galenbecker See und Vernässungsflächen und den zugehörigen Nahrungsflächen für Gänse, Schwäne und Kraniche (Quelle: M. Tetzlaff, Deutsche Wildtier Stiftung)
Planung von Windenergieanlagen
Einen Teilerfolg konnte die Deutsche Wildtier Stiftung auf Ebene der Regionalplanung erzielen: Eines der beiden geplanten Windeignungsgebiete auf der FGW wurde aufgrund der eingereichten ornithologischen Hinweise zugunsten des Naturschutzes aus der Planung genommen. Der Regionale Planungsverband erklärt dazu:
„Mit ergänzendem Schreiben vom 05.03.2018 teilte die Untere Naturschutzbehörde mit Verweis auf die Beobachtungen der Deutschen Wildtier Stiftung mit, dass sich – seit der Umsetzung des EU-Life-Sanierungskonzeptes (2007) ,Naturraumsanierung Galenbecker See für prioritäre Arten‘ mit der Projekt-Nr. LIFE2000 NAT/D/7038 REV – das Rastverhalten von Großvögeln im Bereich der Friedländer Großen Wiese stark verändert habe. Infolgedessen habe sich die Bedeutung des Galenbecker Sees sowie der angrenzenden Vernässungszonen für Wat- und Wasservögel und des insgesamt betrachteten Untersuchungsraums, zu dem auch die Friedländer Große Wiese zählt, erheblich erhöht. Beim Kranich wurden 2009 Rastbestandsgrößen zwischen 945 und 3.500 genannt, im Jahr 2014 wurden Rastbestandszahlen von mehr als 20.000 erreicht. Bei Saat-und Blässgänsen wurden 2009 Bestandsgrößen von insgesamt 8.500 erlangt, für 2014 seien mehr als 30.000 Exemplare beobachtet worden.“
Angesichts dieser Einschätzung ist es unverständlich, dass lediglich eine der beiden betroffenen Flächen von der Windkraftplanung ausgeschlossen wurde, denn sie liegen in einem engen räumlichen Kontext. Es wird weiterhin am Windeignungsgebiet „Lübs/Friedländer Große Wiese“ (Eignungsgebiet 34/2015) festgehalten. Grundlage für die Ausweisung von Windeignungsgebieten ist das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern, das sich in der Überarbeitung befindet. Im Sommer 2020 fand dazu die fünfte Öffentlichkeitsbeteiligung statt.
Parallel zur Änderung der übergeordneten Regionalplanung wurde bereits der Bau und Betrieb von zwölf Windenergieanlagen durch den Energieversorger ENERTRAG beantragt. Der Windpark soll im Eignungsgebiet 34/2015 gebaut werden. Solange es keinen rechtskräftigen Regionalplan mit verbindlichen Windeignungsgebieten gibt, können Windenergieanlagen prinzipiell überall genehmigt werden.
Die Deutsche Wildtier Stiftung und der NABU MV haben mit juristischer Unterstützung ausführlich begründet, warum der Bau von Windenergieanlagen im Eignungsgebiet 34/2015 nicht mit dem Bundesnaturschutzgesetz vereinbar ist. Weder die Festlegung eines Windeignungsgebiets auf der Friedländer Großen Wiese noch der Bauantrag von zwölf Windenergieanlagen gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz sind genehmigungsfähig.
Fazit
Die Erkenntnisse aus jahrelangen Beobachtungen der Vogelwelt auf der FGW und Umgebung zeigen deutlich, dass das gesamte Gebiet nicht als Standort für Windenergieanlagen geeignet ist. Im Sinne einer langfristigen Erhaltung des wertvollen Vogellebensraums sollten Schritte für die Meldung sämtlicher Flächen der FGW als Natura 2000 Gebiet geprüft werden. Nach Vorgabe der Vogelschutzrichtlinie (VRL) sind die „zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete“ zu Schutzgebieten zu erklären. Zudem besteht auch für alle nicht im Anhang I der VRL aufgeführten, regelmäßigen Zugvogelarten die Verpflichtung, hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Weitere rechtliche Grundlagen ergeben sich aus der FFH-Richtlinie zum Aufbau eines Netzes von Natura-2000-Schutzgebieten.
Brandenburg
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Bliesendorfer Heide
Für das Windeignungsgebiet WEG 24 „Bliesendorfer Heide“ im Landkreis Potsdam-Mittelmark hat die Windenergiefirma Notus den Antrag zum Bau und Betrieb von 18 Windenergieanlagen (WEA) gestellt, die überwiegend im Wald geplant sind. Bis heute setzen sich die angrenzenden Gemeinden gegen das Vorhaben ein und haben ihr gemeindliches Einvernehmen versagt. Da dieser verwaltungsinterne Verfahrensteil jedoch außer Kraft gesetzt werden kann, ist die Bliesendorfer Heide nicht langfristig vor Windkraft geschützt. Mehrere Bürgerinitiativen haben sich zu dem Verein Waldkleeblatt – Natürliche Zauche e. V. zusammengeschlossen und setzen sich gemeinsam gegen die Windenergieplanung in WEG 24 ein. Die Deutsche Wildtier Stiftung teilt die Auffassung, dass Windenergie in der Bliesendorfer Heide aus natur- und artenschutzrechtlicher Sicht strikt abzulehnen ist. Wenn eine Genehmigung für den Bau und Betrieb der WEA erteilt wird, sollen Rechtsmittel eingelegt werden, um diesen wertvollen Lebensraum zu erhalten.
Das Gebiet
Die Region ist charakterisiert durch die Havel, diverse Seen, Moore, Wälder und Heideflächen. Aufgrund der natürlichen Gegebenheiten eines divers strukturierten Lebensraums, verfügt die Region über eine große Artenvielfalt und eine bisher relativ gering belastete Flora und Fauna. Die Fläche des WEG 24 umfasst 650 ha und ist überwiegend im Wald gelegen. Neben forstlich genutzten Kieferbeständen gibt es Flächen mit Laubmischwald und kleinflächige Alteichenbestände, die ein wertvolles Habitat für Fledermäuse und Brutvögel bieten. Die Landschaftsschutzgebiete „Lehniner Wald- und Seengebiet“ und „Potsdamer Wald- und Seen- gebiet“ befinden sich in unmittelbarer Nähe zu dem Planungsgebiet. In 100 m Entfernung befindet sich das FFH-Gebiet „Kolpiensee und Mückenfenn“. In 700 m Entfernung liegt das FFH-Gebiet „Lehniner Mittelheide und Quellgebiet der Emster“. Insgesamt zeigen diese geschützten Gebiete und Landschaftselemente um und in WEG 24, wie wichtig dieser Raum für den Natur- und Artenschutz ist.
Die Arten
Es wurden ca. 200 Tierarten im WEG 24 erfasst. Darunter sind viele windkraftsensible Greifvogelarten als Brutvögel. Es sind 3 Horste des Rotmilans bekannt, der das Gebiet nicht nur zur Brut, sondern auch beim Pendeln zwischen den nahegelegenen Nahrungshabitaten nutzt. Auch für den Schwarzmilan ergibt sich mit drei nachgewiesenen Horsten ein sehr hohes Konfliktpotential. Weitere Vogelarten, die in der Bliesendorfer Heide leben, sind: Kranich, Blässgans, Bluthänfling, Dohle, Erlenzeisig, Gänsesäger, Graugans, Saatgans, Singschwan, Mäusebussard, Fischadler, Seeadler, Rohrweihe, Raufußkauz, Waldkauz, Waldohreule, Habicht, Schwarzspecht, Kiebitz, Feldlerche, Heidelerche, Ortolan, Neuntöter und Sperber. Zudem wurden 11 von den 18 in Brandenburg vorkommenden Fledermausarten erfasst, nämlich Mopsfledermaus, Großer Abendsegler, Kleiner Abendsegler, Breitflügelfledermaus, Zwergfledermaus, Rauhautfledermaus, Mückenfledermaus, Fransenfledermaus, Große Bartfledermaus, Graues Langohr und Braunes Langohr. Mit Ausnahme der Zwergfledermaus sind alle gefundenen Fledermausarten in Brandenburg gefährdet.
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Zossener Heide
Im Dezember 2016 erhielt der Windenergiebetreiber ENERCON GmbH eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung von sechs Windenergieanlagen (WEA) in dem Windeignungsgebiet WEG 33. Der Bau von 16 weiteren Anlagen in unmittelbarer Nähe ist beantragt. Der Verein Freier Wald e.V. hat Widerspruch gegen die Genehmigung eingelegt. Es werden erhebliche Mängel in dem avifaunistischen Gutachten der artenschutzrechtlichen Prüfung gesehen. Als trotzdem mit Rodungsarbeiten begonnen wurde, konnte im Juli 2017 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs errungen werden. Die Deutsche Wildtier Stiftung unterstützt den Verein Freier Wald e.V. im Verfahren gegen den Bau von Windrädern im Zossener Waldgebiet.
Das Gebiet
Das Waldgebiet Zossener Heide im Landkreis Teltow-Fläming (Brandenburg) ist als unzerschnittene Waldfläche ein wichtiges Bindeglied zwischen den umliegenden Naturschutz-, FFH- und Landschaftsschutzgebieten. Die Funktion als Habitatverbund ist für viele Wildtiere von großem Wert, da sie sowohl die Nahrungssuche als auch die Populationsausbreitung über ein großes Gebiet ermöglicht. Das ehemals als Truppenübungsplatz genutzte Gebiet ist heute ein reich gegliederter Landschaftsraum aus Grundmoränen, sandigen Dünenaufwehungen und Schmelzwasserrinnen. Der Wald ist mit Lichtungen, Totholz und vielfältiger Vegetation sehr strukturreich und erfüllt die Habitatansprüche eines großen Artenspektrums. Die Zossener Heide ist als Landschaftsschutzgebiet einstweilig gesichert, der naturschutzfachliche Wert wird jedoch durch den geplanten Bau von WEA akut bedroht.
Die Arten
Das Gebiet ist das Habitat von 80 Brutvogelarten mit bemerkenswerten Beständen seltener und bedrohter Vertreter der Großvogelfauna. Hier leben zahlreiche Schwarzspechte, Rot- und Schwarzmilane sowie See- und Fischadler. Für den äußerst störungsempfindlichen Ziegenmelker sind die unzerschnittenen, strukturreichen Waldflächen ein Brutgebiet von herausragender Bedeutung.
Neben der diversen Vogelfauna, leben in der Zossener Heide zahlreiche Fledermausarten. Mit 14 von 18 in Brandenburg nachgewiesenen vorkommenden Arten zählt das Gebiet zu den fledermausreichsten Lebensräumen im Land Brandenburg. Die fernwandernden und besonders windkraftsensiblen Arten Großer Abendsegler, Kleiner Abendsegler und Rauhautfledermaus kommen in großen Bestandsdichten vor. Zudem gibt es in der Zossener Heide die in Brandenburg als „vom Aussterben bedrohten“ Arten großes Mausohr und Mopsfledermaus, was den besonderen Wert dieses Gebietes für den Artenschutz belegt.
Meldung von artenschutzrechtlichen Verstößen
Im Zuge des Ausbaus der Windenergie häufen sich auch Fälle von Verfolgung geschützter Arten und illegaler Zerstörung von Großvogelhorsten oder Fledermausquartieren. Wir bitten derartige Vorgänge der „Erfassungs- und Dokumentationsstelle Greifvogelverfolgung und Artenschutzkriminalität“ zu melden. Deren Website finden Sie hier.
WEITERE WISSENSCHAFTLICHE STUDIEN
Mit der Publikation „Windkraft und Naturschutz – Was Experten dazu sagen“ veröffentlicht die Deutsche Wildtier Stiftung die Kurzfassung von Studien renommierter Wissenschaftler aus dem In- und Ausland, die sich mit den Auswirkungen der Windkraft auf die Artenvielfalt auseinandersetzen. Dabei stehen bei Dr. Richarz die Fledermäuse, bei Professor Krüger die Vögel und bei Dr. Trieb die Insekten im Mittelpunkt. Dr. Henderson problematisiert die mit Windenergieanlagen verbundene Infrastruktur und die Lichtemissionen und Paula Byrne beschreibt den Konflikt zwischen Windenergieanlagen und Schutzgebieten am Beispiel von Irland. Die Broschüre zum Download finden Sie hier.
WELTWEIT ERSTE STUDIE ZU SCHLAGOPFERN UND VOGELZUGINTENSITÄT
Bern, 28.11.2016 – Die Schweizerische Vogelwarte Sempach hat im Auftrag des Bundesamts für Energie die erste internationale Studie „Zugvögel und Windenergie“ erstellt. Kollisionen von Vögeln mit Windenergieanlagen (WEA) gehören zu den größten Kritikpunkten bezüglich der Nutzung von Windenergie. Um die Auswirkungen von WEA auf Zugvögel zu beurteilen, müssen sowohl die Anzahl der insgesamt an einer WEA vorbeiziehenden Vögel als auch die Anzahl der dabei verunglückenden Vögel (Schlagopfer) bekannt sein. Pro Windenergieanlage wurde dabei ein Mittelwert von 20,7 Vogelopfern pro Jahr ermittelt.
Adresse für Rückfragen
Marianne Zünd, Leiterin Medien und Politik BFE, 058 462 56 75 / 079 763 86 11
Michael Schaad, Mediensprecher der Schweizerischen Vogelwarte, 041 462 97 35
STUDIE: FACHAGENTUR WINDENERGIE AN LAND
Mitte 2018 hat die Fachagentur Windenergie an Land die dritte Auflage der Studie „Entwicklung der Windenergie im Wald - Ausbau, planerische Vorgaben und Empfehlungen für Windenergiestandorte auf Waldflächen in den Bundesländern“ veröffentlicht. Danach waren in Deutschland Ende 2017 insgesamt 1859 Windkraftanlagen in Wäldern in Betrieb. Davon wurden 80% seit 2010 errichtet.
PROGRESS STUDIE
Das Projekt „Ermittlung der Kollisionsraten von (Greif-)Vögeln und Schaffung planungsbezogener Grundlagen für die Prognose und Bewertung des Kollisionsrisikos durch Windenergieanlagen“ (PROGRESS) befasst sich mit Kollisionen von Vögeln (und Fledermäusen) als zentrales Konfliktfeld zwischen dem Ausbau der Windenergienutzung und dem Naturschutz.
Schlussbericht PROGRESS: Grünkorn, T., J. Blew, T. Coppack, O. Krüger, G. Nehls, A. Potiek, M. Reichenbach, J. Von Rönn, H. Timmermann & S. Weitekamp (2016).
Besonders betroffene Tierarten
Greifvögel
Besonders Greifvögel sind weltweit von Kollisionen an Windrädern betroffen. In Deutschland sind mehr als 38 % der bisher registrierten 3.674 Kollisionsopfer Greifvögel. Die meisten Arten erreichen ein hohes Alter und ziehen nur wenige Junge auf, daher wirken bei ihnen Verluste besonders schwer. Für den Rotmilan bewegen sich die Verluste an WEA in Brandenburg bereits an der Grenze zur Beeinträchtigung der dortigen Population. Dabei trägt Deutschland eine besondere Verantwortung für den Erhalt dieser Art: mehr als die Hälfte aller Rotmilane weltweit brüten in Deutschland. Auch der noch weit verbreitete Mäusebussard leidet unter dem Ausbau von Windkraft im Wald. Als häufigste Greifvogelart Deutschlands führt er ebenfalls die Liste der Kollisionsopfer mit WEA an und erleidet zumindest regional Bestandsrückgänge. Waren Greifvögel bisher meistens bei ihren Flügen zur Nahrungssuche im Offenland durch die Kollision mit Rotoren gefährdet, beeinträchtigen WEA im Wald ihre Brutplätze und Rückzugsorte. Der sehr seltene Schreiadler ist auf weite, unzerschnittene Waldflächen angewiesen und ist extrem sensibel gegenüber Störungen. Der Schutz seines Lebensraums vor WEA hat eine hohe Bedeutung für die Erhaltung der kleinen Schreiadlerpopulation in Deutschland.
Typische waldbewohnende Großvögel
Viele seltene Großvögel, wie etwa der Schwarzstorch, sind als Baumbrüter auf Wälder als Fortpflanzungsstätte angewiesen und direkt von WEA im Wald betroffen. Über den Kronen älterer Baumbestände vollführen sie ihre Revier- und Balzflüge sowie größere Streckenflüge – also genau in der Höhe in der sich auch die WEA drehen sollen. Schwarzstörche halten wegen ihrer extremen Störempfindlichkeit am Brutplatz Entfernungen von mehr als 1.000 m zu WEA ein, während sie sich auf dem Flug zu den Nahrungsgebieten durchaus auch Windparks annähern. Weitere als windkraftsensibel einzustufende Waldvogelarten sind die extrem störempfindlichen Raufußhühner, die Waldschnepfe, Auerhuhn sowie Uhu und Graureiher.
Fledermäuse
Alte, großflächige Laub- und Mischwälder werden von einer Vielzahl von Fledermausarten, wie dem Großen Abendsegler (Nyctalus noctula), als Fortpflanzungs- und Ruhestätte aber auch als Jagdhabitat genutzt.
Mehr als die Hälfte unserer Fledermausarten sucht zudem Baumhöhlen als Quartiere aus. Deswegen muss bei der Risikoabwägung von Windenergie im Wald, einem Lebensraum mit einer besonderen Bedeutung für viele Fledermausarten, sehr stark auf mögliche Beeinträchtigungen von Nahrungshabitaten sowie Fortpflanzungs- und Ruhestätten geachtet werden. Zusätzlich zu den bekannten Auswirkungen im Offenland, wie etwa der Kollision mit Rotoren oder dem Barotrauma, das bedingt durch Verwirbelungen und den Druckabfall hinter den Rotorblättern Lungen und innere Organe der Fledermäuse zum Platzen bringt, kann der Bau von Betriebswegen und Fundamenten mit den einhergehenden Rodungen zu einem Verlust der Ruhestätten und des Jagdhabitats führen.
Bei den Auswirkungen von WEA auf Fledermäuse besteht immer noch ein besonders hoher Forschungsbedarf. Jedoch ist zu befürchten, dass die Fledermauspopulationen in den nächsten Jahren dramatisch einbrechen können, wenn die hier geschilderten Erkenntnisse beim weiteren Ausbau der Windenergie unberücksichtigt bleiben.
Zugvögel
Bei dem Bau von Windenergieanlagen muss darauf geachtet werden, dass keine Barrieren entstehen, die den Vogelzug stören. Je nach Art werden Zugvögel entweder direkt durch die Kollision mit WEA oder indirekt durch Meidung der gewohnten Flugroute beeinträchtigt. Insbesondere in der Nähe von Rastgebieten und entlang der Zugrouten ist auf Windkraft zu verzichten. Die bewaldeten Mittelgebirge können durch den weiteren, massiven Ausbau von WEA im Wald zu gefährlichen Hindernissen für Zugvögel werden.
Weitere betroffene Tierarten
Viele unserer Wälder zählen zu den letzten großräumig unzerschnittenen Landschaften. Deshalb sind sie auch Lebensräume für störungsempfindliche Tierarten wie Luchs, Wildkatze und Rothirsch. Diese Arten benötigen den großen zusammenhängenden Lebensraum genauso wie gefährdete Vogelarten.
Ob die Zerschneidung großer Wälder durch Zufahrtsstraßen und Leitungstrassen für diese Arten zu einem Problem werden kann, hängt stark vom Ausmaß der damit verbundenen Störungen ab.
Die nachtaktiven Haselmäuse bewegen sich fast ausschließlich in der Strauch- und Baumschicht. Gehölzfreie Bereiche wie breit ausgebaute Zuwegungen können daher bereits eine Barriere darstellen und Lebensräume zerschneiden. Auch für Amphibien und Reptilien kann der Verkehr auf den Zufahrten zu einer großen Gefahr werden.