Waldrapp

Kein Fabelwesen, sondern einer der seltensten Vögel der Welt

Waldrapp, © Johannes Fritz/Waldrappteam Waldrapp, © Erni/Shutterstock

Bestand in Deutschland:

201 (Stand: 2022) Exemplare

Bestandstrend:

Zunahme

Die Bestände nehmen zu.

Stabil

Die Bestände sind stabil.

Abnahme

Die Bestände nehmen ab.

Unbekannt

Keine Angabe zum Bestandstrend möglich.

Einleitung

Waldrappe (Geronticus eremita) zählen zu den Ibisvögeln und gehören zu den seltensten Vogelarten der Welt. Sie waren einst in Mitteleuropa weit verbreitet. Doch bereits im 17. Jahrhundert wurden sie ausgerottet. Danach geriet ihre Existenz in Vergessenheit. Man hielt die überlieferten Zeichnungen für Darstellungen von Fabelwesen. Kennzeichnend für Waldrappe ist ihr metallisch glänzendes schwarzes Federkleid, ihr unbefiedertes Gesicht und der sichelförmige Schnabel. Die in Europa lebenden Waldrappe waren Zugvögel, die ihre Brutgebiete im Herbst verließen, um im Mittelmeerraum zu überwintern. In Europa gibt es jedoch seit einigen hundert Jahren keine natürlich migrierenden Populationen mehr, und die Weitergabe von Zuginformationen ist dadurch erloschen.

Fakten

Wissenschaftlicher Name

Geronticus eremita

Waldrapp: Alter

bis zu 30 Jahre

Waldrapp: Gewicht

1 bis 1,5 kg

Kopf

Kahler Kopf mit langem, nach unten gebogenem Schnabel

Waldrapp, © Eric Isselee/Shutterstock

Besonderheiten

Geselliger Vogel mit ausgiebigem Begrüßungsritual.
Aufstellen der Schopffedern bei Gefahr oder der Balz.

Nahrung

  • Reptilien

  • Amphibien

  • Insekten

  • Wirbellose

Feinde

Mensch

Größe

WaldrappMerkmale

Das charakteristische Erscheinungsbild des Waldrapps ist sein schwarzes Gefieder mit metallischem Glanz und sein unbefiederter Kopf. Der Hinterkopf wird von verlängerten Federn umrandet, die bei Gefahr oder während der Balz aufgespreizt werden können. Ein weiteres auffallendes Merkmal sind die rot gefärbten Beine. Das typische Kennzeichen der Ibisvögel ist ihr langer, gebogener Schnabel, mit dem sie im Boden nach Regenwürmern und Insekten stochern. Männchen und Weibchen unterscheiden sich in ihrem Aussehen nicht, die Weibchen sind lediglich etwas kleiner.

WaldrappGefieder

Das Gefieder der Waldrappe ist schwarz und besitzt einen grün-purpurfarbenen Glanz. Ihr Oberkopf ist stark verhornt und warzig. Zudem zeigt er eine graue bis schwarze, individuell variable Zeichnung. Er wird von verlängerten, schmalen Schopffedern umrahmt. Als weiteres typisches Merkmal kommen die roten Beine und der ebenfalls rötlich gefärbte, nach unten gebogene Schnabel hinzu. Auch die Augen mit der orangeroten Pupille sind ein auffälliges Kennzeichen. Bei Jungvögeln ist der Kopf zunächst grau befiedert und der Federschopf noch nicht vorhanden oder deutlich weniger ausgeprägt. Auch das noch bräunlich-schwarze Körpergefieder glänzt weniger.

WaldrappSonnenbad

In ruhender Position steht der Waldrapp meist auf einem Bein, dabei hat er den Kopf ins Rückengefieder zurückgelegt. Ähnlich wie die Reiher hat er eine auffallende Sonnenbadstellung: In aufrechter Haltung der Sonne zugewandt werden die Flügel seitlich abgespreizt und zunächst für kurze Zeit vollständig ausgestreckt, dann lässt er die Handschwingen langsam sinken und beginnt dabei zu hecheln.

WaldrappSozialverhalten

Der Gruß ist bei Waldrappen von besonderer sozialer Bedeutung. Mit ruckartigen Kopfbewegungen nach oben und dem Senken nach unten wird die dunkle Oberkopfzeichnung als optisches Erkennungsmerkmal präsentiert. In dieser Position wird kurz verharrt. Dabei wird das Schopf- und Vorderrückengefieder während des Grüßens aufgerichtet. Diese Grußbewegung wird mehrmals wiederholt. Hinzu kommt bei der Abwärtsbewegung ein „Chrup“-Ruf mit halb geöffnetem Schnabel. Das Grüßen findet ganzjährig statt. Es ist ein wichtiges Ritual, um Paar-, Familien- oder Gruppenkontakt herzustellen und zu festigen.

WaldrappLebensweise

Der Waldrapp ist in seiner ursprünglichen Lebensweise als Zugvogel in freier Wildbahn ausgestorben. Heute lebt an der Atlantikküste Marokkos lediglich eine sesshafte Wildpopulation. Eigentlich sind Waldrappe sehr gesellige Vögel und brüten in Kolonien an Felswänden. Ihre Nahrung suchen sie im nahe gelegenen Umfeld auf Wiesen und Weiden, indem sie mit ihrem langen Schnabel im Boden nach Würmern und Insekten stochern.

Gut versteckt in Felsnischen

Zwei Waldrappe in Felsnische,
© Jana Vodickova/Shutterstock

Waldrappe brüten bevorzugt an steilen, unzugänglichen Felswänden mit Nischenstruktur. Diese bieten Schutz vor extremer Witterung sowie vor Prädatoren. Es hat sich aber auch gezeigt, dass Waldrappe sowohl in Zoogehegen als auch in anderen Formen menschlicher Obhut künstlich geschaffene Brutmöglichkeiten annehmen. Aus historischen Quellen ist bekannt, dass sie auch Türme, Ruinen und andere Gemäuer besiedelt haben. Bis ins letzte Jahrhundert gab es eine große Waldrappkolonie in der türkischen Stadt Birecik, die im Südosten der Türkei liegt. Heute gibt es in der Stadt eine halbwilde Population, die vor dem Herbst eingefangen wird, um sie vor den Gefahren auf ihrem Weg gen Süden zu bewahren.

Bevorzugt tierischer Speiseplan

Waldrapp auf Futtersuche,
© SuperPapero/Shutterstock

Seine Nahrung sucht der Waldrapp bevorzugt auf Grünland. Frisch gemähte Wiesen und Weiden und sogar Golf- und andere Sportplätze werden dafür gern genutzt. Diese liegen zumeist in der Nähe menschlicher Siedlungen beziehungsweise wurden auch vom Menschen geschaffen. Daher kann man den Waldrapp auch als Kulturfolger bezeichnen. Seine bevorzugte Nahrung sind Insekten aller Art, deren Larven und Regenwürmer. Diese kann er mithilfe des langen Schnabels aus dem Boden stochern. Bietet sich die Gelegenheit, erbeutet er auch Reptilien, Amphibien und kleine Säugetiere. Pflanzen gehören ebenso zu seinem Nahrungsspektrum.

Fürsorgliche Eltern

Waldrappmutter mit ihrem Jungen,
© Natura didac/Shutterstock

Waldrappe sind Koloniebrüter. Während der Brutzeit bilden sie feste Partnerschaften, die sich im folgenden Jahr jedoch ändern können. Nestbau, Brut und Aufzucht der Jungen übernehmen beide Elternteile. In der Regel legen Waldrappe in der Brutzeit von März bis Juni bis zu vier leicht grünliche Eier, welche die Größe eines Hühnereis haben. Da ab dem ersten Ei gebrütet wird, schlüpfen die Jungvögel in einem zeitlichen Abstand. Dieser beträgt ein bis drei Tage und legt die Rangfolge im Nest fest. Dadurch kann die Nestlingsaggression eingedämmt werden. Waldrappe gelten als sehr gute Eltern, die auch das Nesthäkchen ausreichend versorgen. Nach 42 bis 50 Tagen sind die Nesthocker flügge, fliegen dann mit den Eltern gemeinsam zur Nahrungssuche und schließen sich später häufig zu Jugendtrupps zusammen. Für ihren ersten Herbstzug brauchen sie erfahrene Artgenossen, um das Überwinterungsgebiet kennenzulernen.

WaldrappBedrohungen

Der Waldrapp ist akut vom Aussterben bedroht. Ursprünglich war er eine weit verbreitete Vogelart in Europa, Nordafrika und auf der Arabischen Halbinsel. In Europa wurde er bereits im 17. Jahrhundert ausgerottet. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden am Roten Meer unter wissenschaftlichen Aspekten Waldrappe dokumentiert. Im vergangenen Jahrhundert verschwanden dann auch die Bestände außerhalb Europas, mit Ausnahme zweier Kolonien in Marokko mit derzeit ca. 500 Vögeln und einer halbwilden Kolonie in der Türkei. Die Weltnaturschutzunion IUCN kategorisierte die Art im Jahr 1994 in ihrer Roten Liste als „vom Aussterben bedroht“. Aufgrund zahlreicher Artenschutzbemühungen konnte der Status im Jahr 2018 auf „stark gefährdet“ angepasst werden. Aktuell leben in Zoos und Tierparks rund 2.000 Vögel.

Als Delikatesse auf der Speisetafel

Illegale Jagd

Noch im 16. Jahrhundert war der Waldrapp ein Brutvogel in Mitteleuropa. Historische Nachweise gibt es für die Schweiz, Österreich (Mönchsberg in Salzburg, Schlossberg in Graz) und Süddeutschland (Überlingen, Passau, Kelheim). Neben der europäischen Population kam der Waldrapp im Bereich der Mittelmeerküste vor. Ungefähr 95 Prozent des weltweiten Vorkommens von Brutvögeln befinden sich heute in Marokko. In Europa verschwand die Art bereits in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Als Hauptursache für dieses Verschwinden gilt die Jagd durch den Menschen, die auch vor den Jungvögeln in den Nestern nicht haltmachte. Denn ihr Fleisch war als Delikatesse gefragt. Die Jagd wurde mit dem drastischen Rückgang der Bestände zwar streng reglementiert, dies konnte die negative Bestandsentwicklung des Waldrapps jedoch nicht mehr ausgleichen.

WaldrappWas wir tun

Gemeinsam mit dem Tiergarten Schönbrunn in Wien und mit der gemeinnützigen Organisation Waldrappteam hilft die Deutsche Wildtier Stiftung bei der Wiederansiedlung der seltenen Vögel in Deutschland und bei der Erforschung ihrer Zugrouten. Derzeit laufen zwei Wiederansiedlungsprojekte zum Waldrapp in Europa. Es ist der weltweit erste Versuch, eine kontinental ausgestorbene Zugvogelart wieder anzusiedeln und gleichzeitig ihre Zugtradition wiederzuerwecken. Die Gründervögel beider Wiederansiedlungsprojekte stammen aus Zoos, wo die Art erfolgreich gezüchtet wird.

Waldrapp – Navigationstraining für Zugvögel

Artenschutzprojekte

Im Kooperationsprojekt der Deutschen Wildtier Stiftung mit dem Tiergarten Schönbrunn werden Jungvögel aus der migrierenden Waldrapp-Population in Deutschland mit GPS-Sendern ausgestattet. Diese gewonnenen Daten helfen dabei, die Gefahren, die die Vögel bedrohen, besser zu bestimmen und damit zielgerichtet Schutzmaßnahmen zu entwickeln. Das Projekt zur Wiederansiedlung des Waldrapps in Mitteleuropa ist der weltweit erste Versuch, eine Zugvogelart wieder anzusiedeln und eine neue Zugtradition zu begründen. Die Erfahrungen aus diesem Projekt können dazu beitragen, auch weitere Zugvogelarten vor dem Aussterben zu bewahren.

Projekte

Wir unterstützen den Waldrapp mit einem Projekt, über das Sie im Folgenden mehr erfahren.

Waldrapp

Waldrapp – Navigations­training­ für Zugvögel

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WaldrappHelfen

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